
KAS-Studie
Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer
Eine Studie der Adenauer-Stiftung zeigt auffällige Unterschiede, was die Einstellungen von Menschen mit und ohne Migrationserfahrung in Deutschland angeht – mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.
Sonntag, 07.12.2025, 14:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.12.2025, 14:12 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Der Rechtsextremismus in Deutschland beunruhigt Menschen ohne Migrationsgeschichte noch stärker als Zuwanderer und ihre direkten Nachkommen. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft. Unterschiede zwischen Deutschen mit und ohne ausländische Wurzeln gibt es demnach auch, was die Sicht auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine angeht.
Für die repräsentative Untersuchung waren von Anfang Oktober 2024 bis Ende Januar bundesweit rund 3.000 Menschen befragt worden, unter ihnen 1.007 Ausländer sowie 1.003 Menschen mit Migrationserfahrung, die selbst im Ausland geboren wurden oder mindestens einen Elternteil haben, auf den das zutrifft.
Angst vor Rechtsextremismus
Laut Studie stimmen knapp drei Viertel (74 Prozent) der Deutschen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte der Aussage „Der Rechtsextremismus in Deutschland macht mir Angst“ zu, wobei 46 Prozent völlig und 28 Prozent eher zustimmen. Auch knapp zwei Drittel (66 Prozent) der Deutschen mit Migrationsgeschichte treibt diese Angst um. Unter den hierzulande lebenden Ausländern sind es 55 Prozent.
Am häufigsten äußern sich in der Untersuchung Menschen mit Wurzeln in der Türkei und in Russland besorgt über den Rechtsextremismus in Deutschland. Deutlich geringer ist der Anteil demnach unter Menschen polnischer Herkunft.
Sichtweisen auf Ukraine-Krieg
Dass Russland alleine schuld am Krieg in der Ukraine ist, glauben laut Studie lediglich 38 Prozent der Ausländer, die in Deutschland leben. Unter den Deutschen mit Migrationserfahrung ist der Anteil derjenigen, die diese Auffassung teilen, ähnlich (39 Prozent). Dagegen sieht eine Mehrheit von 58 Prozent der Deutschen ohne ausländische Wurzeln die Schuld für den seit Februar 2022 andauernden Krieg alleine bei Russland.
Antisemitische Vorurteile
Um antisemitische Einstellungen zu messen, waren die Teilnehmer der Umfrage aufgefordert, sich zu der Aussage „Juden kann man nicht trauen“ zu positionieren. Jeder zehnte befragte Ausländer und neun Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund stimmte hier den Angaben zufolge zu. Unter den Deutschen ohne Einwanderungsgeschichte war der Anteil derjenigen, die diese Aussage teilen, mit vier Prozent niedriger.
Unterschiede gibt es laut Studie auch, wenn man einzelne Herkunftsregionen betrachtet. Demnach misstraute zum Zeitpunkt der Befragung rund ein Viertel (26 Prozent) der Türkeistämmigen jüdischen Menschen. Bei einer entsprechenden Befragung im Jahr 2015 waren es 18 Prozent gewesen.
Der Anstieg dürfte mit dem Krieg im Gazastreifen zu tun haben, der nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen hatte und bei dem zehntausende Palästinenser ums Leben kamen – die meisten Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder.
Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der Menschen, die bei der Befragung der Stiftung angaben, Juden nicht zu trauen, auch unter Spätaussiedlern (18 Prozent). Spätaussiedler sind Menschen deutscher Herkunft, die nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, aus Osteuropa und der früheren Sowjetunion nach Deutschland eingewandert sind.
Vorbehalte gegen Homosexuelle
Die Autorin der Studie „Einwanderungsgesellschaft im Wandel“, Sabine Pokorny, hat außerdem interessiert, wie Zuwanderer und ihre Nachkommen auf Homosexualität blicken. Unter Deutschen ohne Migrationsgeschichte ist die Ablehnung Homosexueller demnach inzwischen die Ausnahme.
Deutsche mit Migrationserfahrung sowie Ausländer lehnen Homosexuelle zwar nun seltener ab als vor zehn Jahren. Allerdings liegt das Niveau der Ablehnung in diesen Gruppen immer noch bei 18 Prozent beziehungsweise 19 Prozent. Zum Vergleich: Von den befragten Deutschen ohne Migrationshintergrund stimmten laut KAS-Studie sieben Prozent der Aussage „Ich will keine homosexuellen Freunde“ zu.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass jeweils rund ein Viertel der Muslime sowie der orthodoxen Christen keine homosexuellen Freunde möchte. Eine weitere Unterteilung von „Muslimen“, wie bei Christen in Orthodoxe, nimmt die Studie nicht vor.
Minderheit fühlt sich mit Respekt behandelt
Die Frage „Leben Sie alles in allem gerne in Deutschland?“ beantworten zwar über alle untersuchten Gruppen hinweg jeweils mehr als 90 Prozent der Befragten mit „Ja“. Allerdings ist der Anteil im Vergleich zur Erhebung von 2015 jeweils leicht gesunken.
Von den Deutschen ohne Migrationsgeschichte fühlen sich 37 Prozent immer mit Respekt behandelt. Von den Menschen mit Migrationserfahrung antworteten 39 Prozent auf die Frage: „Fühlen Sie sich in Deutschland mit Respekt behandelt?“ mit „Ja, immer“. Dass dieser Wert für Ausländer mit 52 Prozent deutlich höher liegt, mag verschiedene Gründe haben. Eine denkbare Variante ist, dass der Vergleich mit der Situation im Herkunftsland womöglich noch eine größere Rolle spielt als bei den Menschen mit Migrationsgeschichte.
Klar ist: Im Vergleich zur Befragung 2015, als in allen drei Gruppen jeweils 56 Prozent den Eindruck hatten, man begegne ihnen stets mit Respekt, wird hier ein negativer Trend sichtbar. (dpa/mig) Aktuell Gesellschaft
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