
Armuts- und Reichtumsbericht
Migranten verdienen weniger, wohnen teurer und schlechter
Der neue Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt, wie weit die Lebenswelten von materiell besser und schlechter gestellten Menschen in Deutschland auseinanderklaffen. Eine große Lücke klafft auch zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationsgeschichte.
Mittwoch, 03.12.2025, 19:33 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.12.2025, 19:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutschland ist ein reiches Land, doch ein Teil der Bevölkerung muss bei alltäglichen Dingen sparen. Die zeitweise hohe Inflation der vergangenen Jahre habe Haushalte mit geringem Einkommen „überproportional belastet“ und ihr Konsumverhalten verändert, heißt es im neuen Armuts- und Reichtumsbericht, der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet wurde.
Danach sind Menschen mit Migrationsbiografie überdurchschnittlich stark von Armut betroffen. Ihr Medianwert der Markteinkommen lag 2020 bei gut 23.500 Euro im Vergleich zu knapp 29.700 Euro für Personen ohne Migrationshintergrund – ein Unterschied von mehr als 6.000 Euro pro Jahr. „Entsprechend war die Armutsrisikoquote bei den Personen mit Migrationshintergrund deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung und lag 2020 bei 31,8 Prozent“, heißt es in dem Bericht. Danach ist seit 2010 die Armutsrisikoquote vom Migranten um rund 8 Prozentpunkte angestiegen. Betroffene berichteten etwa, dass sie aus finanziellen Gründen die Wohnung nicht ausreichend heizten oder auf größere Anschaffungen verzichteten.
Große Unterschiede zwischen Migranten mit und ohne deutschen Pass
Ein näherer Blick in den Bericht zeigt außerdem, dass es deutlich Unterschiede zwischen Migranten mit und ohne deutschen Pass gibt. So verfügten Deutsche mit Migrationsgeschichte im Jahr 2020 über ein deutlich höheres Nettoeinkommen (25.770 Euro) als Personen mit Migrationserfahrung ohne deutsche Staatsangehörigkeit (20.019 Euro).
Auch bei der Wohnsituation sind erhebliche Unterschiede erkennbar. „Dies kann bestehende Ungleichheiten verschärfen“, schreiben die Studienautoren. So ist die finanzielle Belastung durch das Wohnen für Migranten besonders hoch. Sie wenden 28,1 Prozent ihres monatlichen Haushaltsnettoeinkommens für die monatliche Bruttokaltmiete auf. Bei Menschen ohne Einwanderungsgeschichte beträgt diese Quote 24,6 Prozent.
Mehr Miete, weniger Quadratmeter, schlechtere Wohnung
Obwohl Migranten mehr Geld für das Wohnen aufwenden, leben sie in kleineren Wohnungen. Ihnen stehen im Schnitt mehr als zehn Quadratmeter pro Person weniger zur Verfügung. Hinzu kommt: sie leben oftmals in Wohnraum von geringerer Qualität. Große Unterschiede zeigen sich auch bei der Eigentümerquote: Im Jahr 2021 lebt mehr als die Hälfte der Personen ohne Einwanderungsgeschichte in Wohneigentum, dies trifft jedoch nur auf ein Drittel der Migranten zu.
Für den nunmehr siebten Armuts- und Reichtumsbericht sollte die Perspektive armer Menschen stärker einbezogen werden. Dies geschah unter anderem mit Online-Befragungen und Diskussionsrunden. Demnach wird Armut von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern „weit überwiegend als ein über rein materielle Aspekte hinausgehender sozialer Ausschluss erlebt“. Die öffentliche Debatte über Armut bewerteten sie überwiegend als respektlos oder abwertend.
Wohnkosten überlasten knapp jeden achten Haushalt
Der Bericht bestätigt außerdem, dass Vermögen in Deutschland „insgesamt sehr ungleich verteilt ist“. Die zehn Prozent der vermögendsten Haushalte besitzen demnach 54 Prozent des gesamten Nettovermögens, auf die untere Hälfte der Haushalte entfallen hingegen nur drei Prozent. Das durchschnittliche Nettovermögen von Haushalten in Westdeutschland ist gut doppelt so hoch wie das im Osten.
Als großes Problem für viele Menschen identifiziert der Bericht die Wohnkosten. Im Beteiligungsprozess armer Menschen wurden „dringende Aufgaben für politisch Verantwortliche“ abgefragt – dabei wurde das Anliegen, „angemessene Wohnräume günstiger zu machen“, besonders oft genannt. Der Statistik zufolge stieg die Belastung durch Wohnkosten in den vergangenen Jahren. Knapp jeder achte Haushalt gilt inzwischen als „überlastet“, weil mehr als 40 Prozent des Einkommens für Wohnkosten ausgegeben werden müssen.
Der Armuts- und Reichtumsbericht wird üblicherweise in jeder Legislaturperiode einmal vorgelegt. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl kam es unter der Ampel-Koalition nicht mehr dazu. Die Vorarbeiten für den nun verabschiedeten Bericht wurden aber größtenteils in der vorherigen Wahlperiode geleistet. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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