
Studie
Großteil der Geflüchteten in Deutschland armutsgefährdet
Wenn es nach Rechtspopulisten geht, geht es Geflüchteten in Deutschland gut – zu gut. Einer wirtschaftswissenschaftlichen Studie zufolge sind sie in Deutschland jedoch überdurchschnittlich von Armut gefährdet. Ihr Risiko ist deutlich größer geworden.
Mittwoch, 15.10.2025, 15:54 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 15.10.2025, 15:54 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Fast zwei Drittel der Geflüchteten in Deutschland sind einer Studie zufolge armutsgefährdet oder arm. Die am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin zu Einkommensungleichheit und Armutsrisiko kommt auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für Geflüchtete auf ein Risiko von 63,7 statt 42,0 Prozent zwölf Jahre zuvor. Noch höher ist das Armutsrisiko für Erwerbslose: Es stieg zwischen 2010 und 2022 um 16,5 Prozentpunkte von 54,9 auf 71,4 Prozent.
Als Ursache verwies das DIW auf die hohe Inflation der Jahre 2021 und 2022. Die damalige Teuerung habe die Reallöhne und verfügbaren Einkommen in Deutschland „erstmals seit 2013 wieder sinken lassen“. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über die Ergebnisse der Studie berichtet.
Bei den Menschen ohne ausländische Wurzeln habe es in den zurückliegenden Jahren beim Armutsrisiko kaum Veränderungen gegeben, stets hätten knapp 13 Prozent als armutsgefährdet gegolten. Bei den Geflüchteten dagegen habe es einen drastischen Anstieg gegeben, in der Spitze im Jahr 2020 hätten fast 70 Prozent unterhalb der Schwelle zur Armutsgefährdung in Deutschland gelebt. „Die gute Nachricht ist: Seit 2020 sinkt die Armutsrisikoquote bei Geflüchteten wieder etwas, was der zunehmenden Arbeitsmarktintegration zu verdanken sein dürfte“, sagte der DIW-Forscher und Studienautor Markus Grabka.
Armutsrisiko auch bei Einwanderern höher
Auch andere Zuwanderer haben dem Bericht zufolge ein größeres Risiko, mit einem niedrigen Einkommen auskommen zu müssen. Das gelte sowohl für Menschen, die selbst nach Deutschland eingewandert sind, als auch für die nächste Generation, wenn mindestens Vater oder Mutter aus dem Ausland stammen. Bei beiden Gruppen lebe rund ein Viertel im Armutsrisiko.
Ebenfalls stark zugenommen hat die Armutsrisikoquote für Haushalte ohne Erwerbstätige. „Es zeigt sich deutlich, dass Arbeit vor Armut schützt“, erklärte Grabka, der zugleich empfahl: „Um die Einkommensungleichheit und das Armutsrisiko zu senken, sollte die Integration bestimmter Gruppen in den Arbeitsmarkt stärker gefördert werden.“ Auch das Transfersystem müsse reformiert werden, „da sich eine Ausweitung der Arbeitszeit gerade im unteren Einkommensbereich kaum im Geldbeutel bemerkbar macht“.
Ungleichheit bei Stundenlöhnen hat abgenommen
Als Schwelle zum Armutsrisiko wurde der Studie zugrunde gelegt, wenn jemand über weniger als 60 Prozent des sogenannten Medians der Haushaltsnettoeinkommen verfügt. Der Median gibt dabei genau das Einkommen in der Mitte an, die eine Hälfte verdient mehr Geld, die andere weniger. Für eine Einzelperson habe die Schwelle zum Armutsrisiko für das zuletzt untersuchte Jahr 2022 bei 1.419 Euro gelegen.
Die DIW-Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Ungleichheit bei den Stundenlöhnen deutlich abgenommen hat, „was vor allem der Einführung des allgemeinen Mindestlohns und dessen wiederholten Erhöhungen zu verdanken ist“. Anders verhalte es sich jedoch mit der Ungleichheit der Haushaltsnettoeinkommen, die langfristig zugenommen habe. Am unteren Rand der Verteilung der Nettoeinkommen „zeigt sich ein zunehmendes Armutsrisiko“, stellte das Institut fest. (epd/mig) Leitartikel Wirtschaft
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