
Kritik ebbt nicht ab
Arbeitsministerium lehnt Mindestlohn-Ausnahmen für ausländische Saisonkräfte ab
Sollen ausländische Saisonkräfte weniger als den Mindestlohn bekommen? Agrarminister Rainer (CSU) kann sich das vorstellen – im Gegensatz zu Arbeitsministerin Bas (SPD). Der Vorstoß erntet weiter scharfe Kritik.
Mittwoch, 25.06.2025, 15:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 25.06.2025, 15:12 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In der Debatte um Ausnahmen vom Mindestlohn für Saisonkräfte in der Landwirtschaft geht das Bundesarbeitsministerium auf Distanz zu Agrarminister Alois Rainer (CSU). Die Zahlung eines geringeren Lohns für Saisonarbeitskräfte „wäre eine unzulässige Diskriminierung sowohl nach europäischem als auch nach nationalem Recht“, sagte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums am Mittwoch in Berlin. Das Landwirtschaftsministerium will sich trotzdem eingehender mit der Angelegenheit befassen.
Rainer hatte sich offen für eine Forderung von Bauernpräsident Joachim Rukwied gezeigt, Saisonarbeitskräften weniger als den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Für das Bundesarbeitsministerium sei klar, „dass der Mindestlohn eine absolute Untergrenze ist und branchenübergreifend gilt“, sagte hingegen die Sprecherin des Ressorts von Bärbel Bas (SPD) am Mittwoch. Es gehe beim Mindestlohn darum, „ein Mindestmaß von Arbeitnehmerschutz“ zu sichern. „In einzelnen Branchen Ausnahmen zuzulassen, wäre mit diesem Ziel nicht vereinbar.“ Die Sprecherin verwies außerdem darauf, dass im Koalitionsvertrag keine Ausnahme vom Mindestlohn verabredet sei.
Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums sagte in Berlin, die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung werde geprüft. Diese Prüfung „werden wir abschließen“. Die Haltung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bleib zunächst offen. Er habe mit Merz nicht über das Thema gesprochen, sagte Vizeregierungssprecher Steffen Meyer. „Ich gehe aber davon aus, dass er sich an den Koalitionsvertrag natürlich vollumfänglich gebunden fühlt.“
80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns für Ausländer?
Bauernpräsident Rukwied hatte die Debatte zu Wochenbeginn angestoßen. Der „Rheinischen Post“ sagte er, ausländische Saisonkräfte sollten lediglich 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns erhalten – schließlich hätten sie ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland. Rukwied verwies zudem auf den harten Konkurrenzdruck, dem die Agrarbranche ausgesetzt sei.
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) reagierte mit deutlicher Kritik. Auch Linke Politikerin Desiree Becker äußerte scharfe Kritik: „Die Arbeit von migrantisierten Menschen ist genauso viel Wert wie die Arbeit von Menschen mit einem deutschen Pass“, erklärte Becker.
Vorstoß erntet weiter scharfe Kritik
Der Vorsitzende des Vereins „Aktion Würde und Gerechtigkeit“, der Arbeitsmigranten kostenlose Rechtsberatung und Sprachkurse anbietet, Peter Kossen, meldete sich ebenfalls zu Wort: „Den Mindestlohn von 15 Euro gerade denen streitig zu machen, die auf Äckern und Höfen bei Hitze und Kälte und sieben Tage in der Woche die Drecksarbeit machen, ist schäbig“, erklärte er. Aus der Beratungsarbeit wissen man, wie den Arbeitern ohnehin für Unterkunft, Verpflegung und Transport große Teile des Mindestlohns wieder aus der Tasche gezogen werde.
Seit Jahresbeginn liegt der Mindestlohn in Deutschland bei 12,82 Euro pro Stunde. Die Mindestlohnkommission will am Freitag ihren Beschluss für die Höhe der Lohnuntergrenze in den Jahren 2026 und 2027 präsentieren. Laut dem schwarz-roten Koalitionsvertrag ist ein Mindestlohn von 15 Euro im kommenden Jahr „erreichbar“. (epd/mig) Aktuell Politik
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