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Sara Motebaheri © privat, Zeichnung MiG

Aufschrei

Wir sind Geiseln eines Krieges, den wir niemals wollten

„Wir sind nicht die, vor denen ihr Angst habt.“ Ein bewegender Aufschrei – und eine eindringliche Erinnerung daran, Iran nicht mit seinem Regime zu verwechseln.

Von Dienstag, 17.06.2025, 13:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.06.2025, 13:20 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Am frühen Morgen des 13. Juni 2025 begann die israelische Militäroperation „Löwensturz“. Mehr als zweihundert Kampfflugzeuge bombardierten Ziele in Natanz, Täbris und im Zentrum Teherans. Zurück blieben Hunderte Tote und eine Verzögerung des Atomprogramms „um Jahre“. Hier, mitten in den Trümmern, klingt jede Explosion wie ein Echo auf die hohlen Versprechen einer Regierung, die jahrelang den Trommelwirbel des Sieges spielte – und uns an die „Endschlacht“ gewöhnte.

Dieselbe Regierung, die Milliarden in Raketen und Stellvertreterkriege investierte, hat es in all den Jahren nicht geschafft, ein funktionierendes Alarmsystem für die Zivilbevölkerung aufzubauen. Wir erwachen nicht durch Sirenen, sondern durch das Pfeifen der Raketen. Unsere Häuser sind schutzlos, die Straßen ohne Plan – und unser Leben wird im Machtspiel anderer aufs Spiel gesetzt.

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Sogar im Krieg instrumentalisiert diese Regierung das eigene Volk. Militärbasen, Raketen, Munitionsdepots und Kommandozentralen sind mitten in Wohngebieten stationiert. Wir sind nicht nur ihr Schutzschild in der Außenpolitik, sondern auch Kanonenfutter.

„…weil die Welt uns mit dem düsteren Antlitz unserer Herrscher verwechselt.“

Während Raketen die Infrastruktur im Land zerstören, reagiert die Regierung nicht mit Schutz oder Strategie, sondern mit ins Leere laufender Vergeltung. Sie lässt ihren Zorn mit ziellosen Raketen auf die Zivilbevölkerung Tel Avivs los. Nicht mit militärischer Präzision, nicht mit ethischem Maß, sondern mit blinder Rache. Viele dieser Raketen landen in der Wüste. Manche treffen. Manchmal töten sie unschuldige Menschen. Und jede von ihnen ist auch ein Signal an uns: dass unser Leben weniger zählt als der politische Effekt.

Wir, das iranische Volk, sind von dieser Regierung getrennt. Wir sind Geiseln von Entscheidungen, an denen wir nie beteiligt waren. Jahrelang hat die Islamische Republik mit Slogans wie „Tod dem…“ unser Bild in der Welt zum Terroristenstempel gemacht. Heute, wo unser Land unter Beschuss liegt, hört man kaum eine Stimme, die für das iranische Volk spricht — weil die Welt uns mit dem düsteren Antlitz unserer Herrscher verwechselt.

„In der Islamischen Republik gibt es Raketen, aber keine Sirenen. Es gibt Basen, aber keine Schutzräume. Es gibt Parolen, aber keinen Rettungsplan.“

Wir fürchten keinen äußeren Feind. Wir fürchten eine Regierung, die uns schutzlos lässt, die uns als Schutzschild missbraucht – und verhindert, dass die Welt unser wahres Gesicht sieht. In der Islamischen Republik gibt es Raketen, aber keine Sirenen. Es gibt Basen, aber keine Schutzräume. Es gibt Parolen, aber keinen Rettungsplan.

Der letzte Schrei

Wir wollten weder Krieg noch Tod. Wir erklären der Welt: Seht das Volk Iran getrennt von der Islamischen Republik. Wir sind keine Soldaten, wir sind Geiseln. Wenn die Welt noch ein Wort für „Leben“ neben „Frau“ und „Freiheit“ kennt, dann ist jetzt die Zeit für unseren Schrei — bevor im Schweigen der stillen Sirenen unsere Stimmen für immer unter der Erde begraben werden. Meinung

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