
Kinder betroffen
Kritik an Aussetzung des Familiennachzugs
Der aktuell auf 1.000 Angehörige pro Monat beschränkte Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Grüne, Linke und Kinderschutzorganisationen finden das unmenschlich.
Dienstag, 10.06.2025, 12:37 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.06.2025, 12:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat in der ersten Beratung des Bundestages zur geplanten Aussetzung des Familiennachzugs seinen Willen zur Begrenzung der irregulären Zuwanderung bekräftigt. Es gebe „nicht einen einzigen Schalter, den man umlegen kann und dann ist das Problem der illegalen Migration gelöst“, sagte der CSU-Politiker. Notwendig dafür sei vielmehr eine Vielzahl von Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, die von der Bundesregierung nun Schritt für Schritt umgesetzt würden.
In den Reihen von Grünen und Linken sorgten seine Äußerungen für Verwunderung. Schließlich handele es sich beim Familiennachzug nicht um irreguläre Migration, sondern um ein geordnetes Verfahren, bei dem klar sei, wer ins Land komme. Wer legale Wege blockiere, befördere das Geschäft der Schleuser, sagte die Grünen-Abgeordnete Schahina Gambir. Die geplante Reform sei unmenschlich, denn „Familien gehören zusammen“, kritisierte sie. Die Linken-Politikerin Clara Bünger nannte den Entwurf von Union und SPD „antichristlich“ und „familienfeindlich“. Er treibe Menschen in die Illegalität, statt legale Wege zu schaffen.
Scharfe Kritik ernten die Pläne der Bundesregierung auch von der Kinderschutzorganisation «Save the Children». Geschäftsführer Florian Westphal sagte im Deutschlandfunk, jedes Kind habe laut der UN-Menschenrechtscharta das Recht, mit seinen Eltern aufzuwachsen. «Der Familiennachzug, das war ja einer der wenigen sicheren, planbaren und vor allem auch legalen Wege für Kinder, damit sie gemeinsam mit ihren engsten Angehörigen in Sicherheit aufwachsen können», sagte Westphal. In Syrien lebten 650.000 mangelernährte Kinder.
Bisher maximal 12.000 Angehörige pro Jahr
Der Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus ist – anders als für andere anerkannte Flüchtlinge – jetzt schon beschränkt auf 1.000 Angehörige pro Monat, wobei das Kontingent lange nicht einmal annähernd ausgeschöpft wurde. Er soll laut dem Entwurf der Koalition für zwei Jahre ganz ausgesetzt werden. Nur in „Härtefällen“ sollen subsidiär Schutzberechtigte – in diese Kategorie fallen viele Menschen aus Syrien – dann noch Ehepartner, minderjährige Kinder und im Fall unbegleiteter Minderjährige die Eltern nachholen dürfen.
Außerdem sieht der Entwurf, über den noch abschließend beraten werden muss, vor, das Ziel einer „Begrenzung“ der Zuwanderung wieder gesetzlich zu verankern. Diesen Begriff hatte die Ampel-Regierung aus dem Aufenthaltsrecht gestrichen.
Zahl der Asylanträge ging zuletzt zurück
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 329.120 Asylerstanträge gestellt, im darauffolgenden Jahr stellten 229.751 Menschen erstmals einen Asylantrag. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres ging die Zahl der Asylanträge weiter zurück. Dabei ist unter Migrationsexperten umstritten, ob dies eher die Folge der in den vergangenen Jahren sukzessive angeordneten stationären Kontrollen an allen deutschen Binnengrenzen ist oder das Ergebnis von Maßnahmen anderer Staaten wie etwa Serbien und Polen. „Grenzkontrollen wirken und deshalb setzen wir sie auch weiter fort“, sagte Dobrindt.
Redner der SPD betonten, der mit der Union vereinbarte Kompromiss zum Familiennachzug sei ihrer Fraktion schwergefallen. Rasha Nasr (SPD) sagte, das Vorhaben sei „Ausdruck dessen, was politisch möglich war“. Sie plädierte dafür, die Härtefallregelung flexibel zu gestalten. Als frühere Integrationsbeauftragte wisse sie, das Familienleben sei ein „wesentlicher Baustein für gelingende Integration“.
Throm verweist auf neue Lage in Syrien
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, sagte, der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte stelle einen erheblichen „Pull-Faktor“ dar. Der CDU-Politiker verwies darauf, dass Menschen aus Syrien weiterhin die Möglichkeit hätten zu arbeiten, den eigenen Lebensunterhalt zu sichern und somit einen anderen Aufenthaltstitel zu erhalten, der den Familiennachzug gestattet. Außerdem habe sich die Lage in Syrien durch den Sturz von Präsident Baschar al-Assad grundlegend geändert, womit auch eine Rückkehr in die alte Heimat möglich sei.
Laut Ausländerzentralregister hielten sich zum Stichtag 31. März 2025 in Deutschland 388.074 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis zum subsidiären Schutz auf. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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