
100 Jahre Malcolm X
Radikaler Streiter für eine schwarze Revolution
Malcolm X war ein radikaler muslimischer Aktivist und Denker. Er stand für einen kompromisslosen Kampf für Schwarze in den USA. Im Alter von 39 Jahren wurde er 1965 ermordet. Die Hintergründe werfen noch immer Fragen auf.
Von Konrad Ege Sonntag, 18.05.2025, 10:42 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 18.05.2025, 10:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Als Malcolm Little kam er vor 100 Jahren am 19. Mai 1925 in Nebraska zur Welt: Der radikale muslimische Aktivist Malcolm X, eine Ikone der „Black Power“-Bewegung, die für schwarzes Selbstbewusstsein in den USA stand. Noch heute sind Menschen fasziniert von dem charismatischen Redner, der 1965 ermordet wurde. Hip-Hop-Gruppen feierten ihn, 1992 kam Spike Lees dreistündiger Kinofilm „X“ mit Denzel Washington heraus, 2020 die Netflix-Serie „Wer hat Malcolm X umgebracht?“.
Malcolm X wurde am 21. Februar 1965 im Alter von 39 Jahren erschossen, als er sich in New York auf eine Rede vorbereitete. Die mutmaßlichen Täter kamen aus dem Umfeld der Organisation „Nation of Islam“, die X als Verräter betrachtete. Die Umstände seines Todes werfen noch heute Fragen auf. Im November 2024 reichten Malcolm Xs Töchter Ilyasah Shabazz, Gamilah-Lumumba Shabazz und Malaak Shabazz eine Klageschrift mit schwerwiegenden Vorwürfen ein: Die Ermittlungsbehörde FBI und die Polizei hätten von den Mordplänen gewusst oder seien sogar daran beteiligt gewesen.
Malcolm X sei eine „komplizierte Figur“ gewesen, befindet Historiker Kevin Gaines, Experte für afroamerikanische Geschichte. Im Laufe seines Lebens habe er sich immer wieder selbst hinterfragt. „Es gibt viele verschiedene Malcolm Xe“, sagte Gaines dem Evangelischen Pressedienst.
Zum Islam konvertiert
Er war nach einer harten Kindheit und dem frühen Tod des Vaters mehrere Jahre wegen Kleinkriminalität im Gefängnis gewesen, bevor er zum Islam konvertierte und Sprecher der „Nation of Islam“ wurde. Diese Organisation predigte „rechtschaffenes Leben“ – und die Lehre, Schwarze und Weiße seien getrennt erschaffen worden, Schwarze müssten sich von Weißen abgrenzen. Malcolm X war ein Meister der einprägsamen Worte. Er verlangte Freiheit und Gerechtigkeit „by any means necessary“ – mit allen notwendigen Mitteln müsse man kämpfen.
Im März 1964, rund ein Jahr vor seiner Ermordung, hatte er die „Nation of Islam“ verlassen und Kritik an Nation-Anführer Elijah Muhammad laut gemacht. Dieser habe zahlreiche Affären gehabt, sagte er in einem Fernsehinterview, acht Kinder von sechs jungen Frauen. Diese Beschuldigung war gefährlich. Die „Nation“ werde ihn umbringen, sagte Malcolm X selbst einmal. „Ich weiß, wo die Leichen begraben sind.“
„Tut etwas zu Malcolm X“
Malcolm X, zu der Zeit bekannt als El-Hajj Malik El-Shabazz, ging 1964 auf eine Pilgerreise nach Mekka. Dies habe ihn zum Umdenken gezwungen, schrieb er in einem Brief. Er habe „den überwältigenden Geist wahrer Brüderlichkeit“ unter „Menschen aller Hautfarben und Rassen“ erlebt. In Afrika wurde er von Staatschefs empfangen. Er arbeitete an der Gründung einer neuen „Organisation für Afroamerikanische Einheit“. Es ging darum, Schwarze zusammenzubringen, um politische Macht zu erlangen und gegen Ausbeutung zu kämpfen.
Malcolm X wurde vom FBI und der Polizei beschattet. Zwischen seinen Mördern und den Behörden habe es eine „korrupte, gesetzwidrige und verfassungswidrige“ Beziehung gegeben, heißt es in der Klageschrift der Töchter. Die Polizei habe ein paar Tage vor dem Attentat zwei von Malcolms Personenschützern unter einem Vorwand festgenommen. 1964 befahl FBI-Direktor J. Edgar Hoover dem FBI-Büro in New York City: „Tut etwas zu Malcolm X“.
Malcolm Xs Mord eine „große Tragödie“
Sein Mord geschah in einer Zeit des Aufruhrs. Präsident John F. Kennedy wurde 1963 ermordet, Malcolm X reagierte hämisch. Martin Luther King hielt im selben Jahr seine „I have a Dream“-Rede. Die damaligen Erfolge der Bürgerrechtsbewegung gelten heute als Triumph der Gewaltlosigkeit. Malcolm X aber urteilte, Kings „Marsch auf Washington“ sei ein „Zirkus“ gewesen ohne radikale Elemente.
Mit dem späteren Friedensnobelpreisträger King, dem Protagonisten der gewaltfreien US-Bürgerrechtler, ist er nur einmal zusammengetroffen. Ein Foto vom März 1964 zeigt die beiden, anscheinend freundlich, doch auf Distanz. King bedauerte den Mord als „große Tragödie“. Er sei zu einer Zeit geschehen, in der Malcolm X sich zu einem „besseren Verständnis der gewaltfreien Bewegung und größerer Toleranz für Weiße“ hin bewegt habe, zitierte ihn Autor David Garrow in seinem Buch „Bearing the Cross“. Im Jahr 1968 wurde auch Martin Luther King ermordet. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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