Flüchtlingspolitik
Debatte wegen Abstrichen am Sicherheitspaket
Die Debatte über die Flüchtlingspolitik und innere Sicherheit ist aufgeheizt. Mögliche Maßnahmen werden nun konkreter. Änderungen an den Ursprungsplänen rufen aber Kritik hervor.
Montag, 14.10.2024, 13:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 14.10.2024, 13:18 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Das geplante Gesetzespaket der Koalition für mehr innere Sicherheit fällt kleiner aus als ursprünglich vorgesehen – an den Abstrichen gibt es nun viel Kritik. Sowohl Politiker der oppositionellen Union als auch der Richterbund sehen die Wirksamkeit durch die Änderungen der Ampel-Fraktionen arg beschnitten und machen vor allem die FDP verantwortlich.
„Vor lauter Ausnahmen kann man jetzt die ursprünglich vorgesehene Rechtsverschärfung gar nicht mehr sehen“, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei dem „Tagesspiegel“. Es sei nach den jüngsten Anschlägen „nicht mehr zu erklären, dass es nun doch bei vielen Straftaten keinen Abgleich der biometrischen Daten geben darf“.
Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Die Ampelparteien wollen das zu klein geratene Sicherheitspaket der Bundesregierung noch weiter zu einem Mini-Päckchen schrumpfen.“ Mit den nun verabredeten Messerverboten und neuen Befugnissen der Polizei werde „nicht viel gewonnen“.
Daneben hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aber auch Gesetzentwürfe zur Umsetzung der europäischen Asylreform präsentiert, die auf einen effizienteren Umgang mit Migration und eine Stärkung der inneren Sicherheit abzielen sollen.
Was am Entwurf des Sicherheitspakets geändert wurde
Diese Änderungsanträge zum Sicherheitspaket haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP nach einer Expertenanhörung des Bundestags ausgehandelt.
- Abschiebungen: Nicht mehr alle Asylbewerber, für die nach den sogenannten Dublin-Regeln eine Abschiebung in ein anderes EU-Land angeordnet ist, sollen von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden – sondern nur noch jene, bei denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Ausreise für „rechtlich und tatsächlich möglich“ hält.
- Ermittlungen mittels Abgleichs biometrischer Daten im Internet: Für diese automatisierte Suche nach Gesichtern und Stimmen werden engere Grenzen gesetzt. Sie ist im Regelfall nur erlaubt, wenn dies der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) oder seine Vertretung von einem Gericht genehmigen lässt – zuvor sollte dies auch die Abteilungsleiter-Ebene beantragen beziehungsweise anordnen können.
Warum sich die Ampel trotzdem lobt
Die Ampel lobt sich für die Änderungen. „Unsere gemeinsam beschlossenen Änderungen machen das Sicherheitspaket nun wirkungsvoll, anwendbar und vor allem rechtssicher“, sagte SPD-Vizefraktionschef Dirk Wiese den Funke-Zeitungen.
Für die FDP hebt Fraktionsvize Konstantin Kuhle hervor, dass das Paket etwa „im Bereich digitaler Ermittlungsbefugnisse deutlich entschärft worden“ sei und Bürgerrechte damit besser geschützt würden. Der migrationspolitische Teil sei dagegen in seinen Grundzügen unverändert geblieben. Ihm zufolge bleibt es auch dabei, dass Menschen ihren Schutzstatus einfacher verlieren können, wenn sie in ihr Heimatland reisen.
Innenministerin Faeser sagte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, eine Ausnahme für eine Reise in ein Heimatland sei die Beerdigung eines Elternteils – das lasse man aus humanitären Gründen zu. Sie dankte den Ampel-Fraktionen für die schnelle Einigung auf das Sicherheitspaket, das insgesamt „sehr weitgehend“ sei.
Was der Anlass für das Sicherheitspaket war – und wie es weitergeht
In Solingen waren bei einem mutmaßlich islamistischen Messerangriff auf einem Stadtfest im August drei Menschen getötet und acht verletzt worden. Der tatverdächtige Syrer hätte 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte. Die drei Ampel-Fraktionen im Bundestag hatten sich danach auf das sogenannte Sicherheitspaket verständigt. Es sieht unter anderem ein allgemeines Verbot von Waffen und Messern auf öffentlichen Veranstaltungen vor.
Angestrebt wird ein Beschluss im Bundestag in der zweiten Wochenhälfte. Dann könnte das Sicherheitspaket am 18. Oktober in den Bundesrat kommen.
Was die EU-Asylreform vorsieht
Die europäische Asylreform war nach jahrelangem Streit im Mai beschlossen worden. Sie regelt unter anderem die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu.
- Mit den deutschen Gesetzentwürfen zu ihrer Umsetzung soll unter anderem die Rückführung abgelehnter Asylbewerber beschleunigt werden. So sollen jene, bei denen Sicherheits- oder Ordnungsrisiken bestehen, keine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt bekommen, sondern sofort abgeschoben werden.
- Außerdem sieht die EU-Reform schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen und einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern vor, die als relativ sicher gelten. Abgelehnte Asylbewerber sollen unter bestimmten Bedingungen auch in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden.
Merz fordert schärfere Maßnahmen
CDU-Chef Friedrich Merz geht das nicht weit genug. Die Zurückweisungen an den Grenzen fehlten in dem Konzept völlig, kritisierte der gemeinsame Unions-Kanzlerkandidat am Samstag in einer Rede auf dem CSU-Parteitag in Augsburg. Man brauche Einwanderung für den Arbeitsmarkt, die Gesellschaft, das Land.
Man stelle aber auch eine überproportionale Kriminalität unter denen fest, die in den vergangenen zehn Jahren ins Land gekommen seien. Es gebe eine wachsende Zahl junger Männer ohne Fluchtgrund, die hier angekommen seien und hier die allergrößten Probleme machten. Menschen, die vor Krieg flüchteten, werde man aber weiter helfen, betonte er. Belege für seine Behauptung führte Merz keine an. (dpa/mig) Aktuell Politik
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