Wilders: „Mini Nexit“
Niederlande beantragt Ausstieg aus EU-Asylregeln
Radikaler Kurswechsel in den Niederlanden: Die neue rechte Regierung plant die strengsten Asyl-Regeln in Europa. Jetzt wurde der Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Rechtsaußen Wilders jubelt. Zieht Ungarn nach?
Donnerstag, 19.09.2024, 10:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 19.09.2024, 10:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Niederlande haben bei der EU-Kommission den Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Der Rechtspopulist Geert Wilders, der mit seiner radikal-rechten Partei für die Freiheit (PVV) erstmals in der Koalition sitzt, sprach von einem wichtigen Signal, „dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden“. „Dies ist ein Mini-Nexit“, sagte Wilders im Parlament in Den Haag.
Der Austritt der Niederlande aus der EU, der sogenannte Nexit, war lange eine Forderung von Wilders. Er hatte sie aber vor der Beteiligung an der Regierung auf Eis gelegt.
Wenig Aussichten
Dass die Niederlande Erfolg haben, ist unwahrscheinlich. Für eine solche Ausnahmeregel – den sogenannten Opt-Out – müssen in der Regel alle 27 EU-Staaten zustimmen. Außerdem haben sich die EU-Länder bereits auf eine neue Asylreform geeinigt und müssen diese nun umsetzen.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte den Eingang des Antrags. Ein Opt-Out sei jedoch nur durch Änderungen der Verträge möglich. „In diesem Zusammenhang erwarten wir keine unmittelbaren Änderungen an den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration“, sagte die Sprecherin. Die Vorschriften seien weiterhin für die Niederlande verbindlich.
Asyl-Notstand
Die radikal-rechte Asylministerin Marjolein Faber in den Niederlanden hatte den Antrag in Brüssel gestellt und auf X mitgeteilt: „Wir müssen wieder über unsere eigene Asylpolitik das Sagen haben.“ Die Regierung will nach den Worten von Faber erreichen, dass die Einreise von Asylsuchenden und irregulären Migranten „drastisch reduziert“ wird. Das sei notwendig, „um unsere verfassungsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen wie Bereitstellung von Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Bildung“.
Der radikale Kurswechsel in der Asylpolitik war bereits angekündigt worden. Die Koalition will auch den Asyl-Notstand ausrufen, um ohne Zustimmung des Parlaments Teile des Asylgesetzes außer Kraft zu setzen. Juristen bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Die Frage droht, die Koalition zu spalten. Die gemäßigte Koalitionspartei NSC kündigte bereits an, dem Notstandsgesetz bei einer negativen rechtlichen Beurteilung nicht zuzustimmen.
Kritik der Opposition
Auf scharfe Kritik stießen die Pläne der Niederländischen Koalition auch bei der Opposition. Der Fraktionsvorsitzende des rotgrünen Bündnisses, Frans Timmermans, sprach im Parlament von einer Aushöhlung des Asylrechts und will eine europäische Lösung für Probleme. „In den Niederlanden muss es immer Raum geben für Menschen, die an unsere Tür klopfen, weil sie sonst ermordet oder eingesperrt werden.“
Die Asylministerin hatte bereits zuvor entschieden, den Kommunen für die Aufnahme von abgewiesenen Asylsuchenden die Finanzmittel zu streichen. Vor allem Großstädte wie Amsterdam, Rotterdam oder Utrecht versorgen diese Menschen mit „Bett, Bad und Brot“. Bargeld bekommen sie nicht.
Experten und Behörden weisen darauf hin, dass es gar keinen Notstand gibt, die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden relativ stabil bei rund 40.000 im Jahr liegt. Doch seit Jahren gibt es hausgemachte Probleme bei der Unterbringung durch Sparmaßnahmen und allgemeine Wohnungsnot.
Zieht Ungarn nach?
Ungeachtet der geringen Erfolgsaussichten des niederländischen Vorstoßes in Brüssel hat auch Ungarn angekündigt, aus den EU-Asylregeln aussteigen zu wollen. „Gegen illegale Migration ist hartes Vorgehen notwendig“, schrieb Ungarns Europaminister Janos Boka auf X. Deswegen wolle Budapest einen Ausstieg aus diesen Regeln beantragen, falls eine Änderung der EU-Verträge dies zuließe.
Ungarns rechtspopulistische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban betreibt seit Jahren eine Politik gegen Migranten und liegt deswegen mit der EU-Kommission im Dauerstreit. Aktuell weigert sich Budapest, ein vom Europäischen Gerichtshof wegen seiner restriktiven Asylpolitik verhängtes Zwangsgeld von 200 Millionen Euro zu bezahlen. Die EU-Kommission will das Geld deshalb von künftigen EU-Zahlungen an Ungarn abziehen. (dpa/mig) Aktuell Ausland
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