Müller und Heil

Deutsche Firmen sollen von Arbeitswucher im Ausland nicht mehr profitieren

Die deutsche Regierung unterstützt den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy in seinem Bemühen, das Land mit 100 Millionen Menschen zu stabilisieren. Die Bundesminister Müller und Heil sehen auch deutsche Firmen in der Pflicht.

Dienstag, 03.12.2019, 5:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.12.2019, 16:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erhöhen den Druck auf deutsche Unternehmen, die von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen im Ausland profitieren. Die Kabinettskollegen stellten am Montag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ein gemeinsames Positionspapier vor, das gegebenenfalls eine Haftung vorsieht, wenn deutsche Firmen mit ausländischen Partnern zusammenarbeiten, die Armutslöhne zahlen. Ferner plädieren sie für die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair angebaute und verarbeitete Produkte, um Betriebe zu unterstützen, die sich an Mindeststandards halten. Äthiopien wurde offiziell in den Kreis der Reformpartner Deutschlands aufgenommen.

Müller und Heil kamen zunächst zu politischen Gesprächen mit Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed Ali zusammen. Bei dem Treffen, zu dem keine ausländische Schriftpresse zugelassen war, wurde die bereits vereinbarte Reformpartnerschaft per Unterschrift besiegelt. Damit ist Äthiopien eines von sechs Ländern, die von Deutschland mit privaten Investitionen unterstützt werden, wenn sie im Gegenzug Demokratisierung, den Kampf gegen Korruption und Wirtschaftsreformen vorantreiben.

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Heil sagte im Anschluss über Abiy: „Wir haben jemanden erlebt, der ein mutiger Mann ist.“ Doch werde er dauerhaft nur Erfolg haben, wenn sich der Lebensstandard in seinem Land verbessere. „Dem Mann den Friedensnobelpreis zu geben, ist das eine, aber ihn effektiv zu unterstützen auf diesem Weg, ist das andere.“ Auch deshalb sei Fairness in den Lieferketten nötig, im Textilbereich, im Kaffeesektor und in vielen anderen Wirtschaftszweigen.

Ein Euro mehr im Einkauf

Müller verwies darauf, dass in Äthiopien bereits einige Firmen Textilien für Deutschland unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Standards produzierten. Das müsse zum Standard werden. Wenn existenzsichernde Löhne gezahlt würden, bedeute das für eine Jeans gerade einmal einen Euro mehr im Einkauf.

Die Bundesregierung befragt derzeit deutsche Firmen zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards bei der Produktion im Ausland. Grundlage dafür ist der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte aus dem Jahr 2016, der Folgendes vorsieht: Wenn weniger als die Hälfte der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten bis 2020 der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, wird „die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen“. Allerdings gestaltet sich das Prozedere als zäh, und Unternehmen kommen mit der Beantwortung der Fragebögen nur zögerlich nach. Deshalb wollen die beiden Minister nicht erst auf weitere Befragungen warten, sondern möglichst bald handeln. Eine Auswertung der bisher zurückgeschickten Fragebögen wird für den 10. Dezember erwartet.

Eckpunkte für gesetzliche Verpflichtung

Bislang deutet sich laut Müller ein eher unbefriedigendes Ergebnis an. Heil kündigte an, wenn dies der Fall sein sollte, werde man gemeinsam Eckpunkte vorlegen für eine gesetzliche Verpflichtung der Unternehmen, auf Menschenrechte in der Lieferkette zu achten. In dem aktuellen Positionspapier heißt es dazu: „Diese Situation ist inakzeptabel und es ist Zeit, entschieden zu handeln: in Deutschland und in Europa.“ Nur ein „verbindlicher Rahmen“ schaffe Rechtsklarheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen. „Wir wollen eine Pflicht zum Handeln“, so der Wortlaut. Firmen müssten „alles Erforderliche“ unternehmen, um Verletzungen von Mindeststandards zu verhindern: „Nachweislich zurechenbare Handlungen sollen zu einer Haftung führen.“ Die Federführung bei dem Thema hat das Auswärtige Amt.

Ein weiterer Punkt, den Müller und Heil während des Besuchs in Äthiopien gemeinsam ansprachen, ist die mögliche Abschaffung der Kaffeesteuer für fair angebaute und verarbeitete Produkte. Aus Äthiopien kommt ein großer Teil des Kaffees, der in Deutschland getrunken wird. Kaffee sei eines der Hauptprodukte von Entwicklungsländern, aber für die Rohware im Einkauf werde ein Niedrigstpreis bezahlt, kritisierte Müller. Die Kaffeesteuer ist eine nationale Verbrauchsteuer, die dem Bund zusteht. Jährlich betragen die Einnahmen rund eine Milliarde Euro. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft

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