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Europäische Union © Eoghan OLionnain @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Sieben Gesetzesinitiativen

Künftiger EU-Ratsvorsitzender in Flüchtlingsstreit optimistisch

Oft stand die Flüchtlingspolitik in den vergangenen Jahren im Zentrum der Aufmerksamkeit der EU-Gipfel. Diesmal war es allerdings der Brexit. Der Streit um die Flüchtlingspolitik könnte bald noch mehr in den Hintergrund treten.

Montag, 17.12.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.12.2018, 20:57 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der kommende EU-Ratsvorsitzende, Rumäniens Präsident Klaus Johannis, zeigt sich zuversichtlich, dass der Streit um die europäische Flüchtlingspolitik beigelegt werden kann. „Ich bin überzeugt, dass wir eine Lösung finden“, sagte Johannis am Freitag in Brüssel mit Blick auf die am 1. Januar beginnende rumänische Ratspräsidentschaft.

„Mein Eindruck ist, dass die Fronten sich nicht verhärten, sondern dass man aufeinander zugeht.“ Zurzeit gebe es aber noch keine gemeinsame Gesamtlösung, sagte Johannis vor Beginn der Beratungen am Freitag. Dass es noch keine Lösung gebe, bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Gipfel. Ob die Reform des europäischen Asylsystems noch bis April oder Mai und damit vor den Wahlen zum Europaparlament gelinge, könne sie nicht vorhersagen.

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Weiter Streit um Umverteilung von Flüchtlingen

Das Thema Migration und Flüchtlinge stand am zweiten Tag des EU-Gipfels, der vor allem dem Brexit gewidmet war, auf der Agenda. Der schwierigste Streitpunkt bleibt die Umverteilung von Flüchtlingen. Derzeit ist in der Regel das Erstaufnahmeland für sie zuständig, also vor allem Italien, Griechenland und Spanien. Sie sollen durch die Dublin-Reform entlastet werden. Die große Frage dabei war bisher, ob alle anderen Länder durch verpflichtende Quoten Flüchtlinge aufnehmen müssen. Eine diskutierte Alternative ist, dass sie sich durch andere Leistungen von der Aufnahme gleichsam freikaufen könnten.

Johannis sagte zu dieser Idee am Freitag: „Man kann auch in dieser Sache nicht ins Extreme gehen.“ Sonst sei denkbar, dass alle EU-Länder erklärten: „‚Ok wir zahlen was, und nehmen keine Flüchtlinge auf.'“ Das gehe nicht, erklärte der rumänische Präsident und erteilte zugleich der entgegengesetzten Position eine Absage. Auch die Lösung mit verpflichtenden Quoten habe sich „als eine nicht gute Lösung herausgestellt“.

Merkel: Alle müssen Flüchtlinge aufnehmen

Deutschland hatte bislang darauf beharrt, dass grundsätzlich jedes Land Flüchtlinge aufnehmen muss. Am Freitag sagte Merkel auf die Frage danach: „Wir brauchen von jedem Land natürlich Solidarität. In welchem Umfang und in welchem Verhältnis zueinander, das ist leider eben noch nicht abschließend geklärt.“

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zeigte sich nach den Beratungen unzufrieden. Er verwies zum einen darauf, dass der Vorschlag der Kommission für die Grenzschutztruppe Frontex nicht wie geplant vorankommt. Die Kommission habe den Plan, eine Truppe von 10.000 Grenzschützern bis 2020 aufzustellen schließlich auf das ausdrückliche Betreiben der Mitgliedstaaten für einen besseren Außengrenzenschutz entwickelt. „Dass man mir niemals mehr sagt, dass man die Außengrenzen verstärken muss – dass man die Vorschläge der Kommission anwendet“, entrüstete sich Juncker.

Sieben Gesetzesinitiativen

Daneben verwies Juncker darauf, dass die Reform des Asylsystems aus insgesamt sieben Gesetzesinitiativen besteht, die die Kommission 2016 vorgelegt hatte – nur eine davon betrifft die Dublin-Reform, also die mögliche Umverteilung von Flüchtlingen. Fünf der Gesetze seien „nahe an der Einigung“, sagte Juncker. „Doch es war nicht möglich, die Chefs heute zu überzeugen, diese fünf Vorschläge anzunehmen.“

Die Chefin der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Ska Keller, wandte sich indes gegen ein solches Aufschnüren des Gesetzespakets. Ein solcher Schritt „würde nur dazu führen, dass genau der zentrale Punkt, nämlich die Dublin-Reform, nicht durchkommt“, sagte Keller. Das Europaparlament muss die Reform der Asylgesetze zusammen mit den EU-Regierungen verabschieden.

Unterdessen bekräftigte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz als scheidender Ratsvorsitzender beim Gipfel noch einmal seine Position, dass die Lösung des Migrationsstreits gar nicht in der Umverteilung zu suchen sei. Österreich setzt stattdessen seit längerem darauf, dass Migranten erst gar nicht nach Europa kommen.

Kurz: Es wird keine Einigung geben

Erstens werde es bei der Verteilung keine Einigung geben, sagte Kurz. Zweitens wisse man überhaupt nicht, aus welchen Ländern umverteilt werden müsse: Aus den Erstaufnahmeländern wie Italien und Griechenland oder aber aus Österreich und Deutschland. In diese Länder sind viele Migranten weitergezogen, oft auf eigene Faust und entgegen den EU-Regeln. Drittens würden Menschen selbst nach einer zwangsweisen Umverteilung in ihr persönliches Zielland weiterziehen, so der österreichische Kanzler. Daher sei die bereits eingeleitete „Trendwende“ der EU hin zu mehr Außengrenzenschutz und Kooperation mit Drittländern richtig, sagte Kurz. Das „Schönste“ daran sei, dass endlich weniger Menschen im Mittelmeer ertränken.

Auch die Abschlusserklärung des EU-Gipfels machte darauf aufmerksam, dass die Zahl der Ankünfte irregulärer Migranten als Folge der EU-Migrationspolitik auf das Niveau von vor der Flüchtlingskrise von 2015 gesunken sei. „Diese Politik sollte daher fortgesetzt werden“, hieß es in der Erklärung. Zugleich mahnte der Text „weitere Anstrengungen“ bei der Asylrechtsreform an, was wieder die Frage der Umverteilung einschließt. (epd/mig) Aktuell Politik

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