Einschränkungen

Länder schieben nur bestimmte Gruppen nach Afghanistan ab

Anfang Juni hat die Bundesregierung die Einschränkungen für Abschiebungen nach Afghanistan aufgehoben. Seitdem kann theoretisch jeder abgelehnte Asylbewerber zurückgeschickt werden. In der Praxis macht aber nur Bayern davon Gebrauch.

Dienstag, 07.08.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.08.2018, 18:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer hält an den Einschränkungen für Abschiebungen nach Afghanistan fest. Wie eine Umfrage des „Evangelischen Pressedienstes“ unter den Innenministerien der Länder ergab, werden weiterhin nur oder vorrangig Gefährder oder Straftäter abgeschoben. Nur Bayern gibt an, grundsätzlich alle ausreisepflichtigen Afghanen abzuschieben. Die Bundesregierung hatte die Einschränkungen eigentlich Anfang Juni aufgehoben. Abschiebungen fallen aber in die Zuständigkeit der Länder. Dort wird über die einzelnen Fälle entschieden. Das Bundesinnenministerium kündigte am Sonntag an, die Anzahl der Rückführungen deutlich erhöhen zu wollen.

Deutschland schickt seit Ende 2016 abgelehnte Asylbewerber wieder nach Afghanistan zurück. Nach einer Verschlechterung der Sicherheitslage und einem Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul wurden die Abschiebungen im Sommer 2017 auf Gefährder, Straftäter und sogenannte Identitätstäuscher beschränkt. Anfang Juni beriet das Bundeskabinett über den neuen Lagebericht des Auswärtigen Amts zu Afghanistan. Er schildert zwar nach wie vor eine „volatile“ Sicherheitslage. Dennoch hob die Bundesregierung die Einschränkungen für Abschiebungen auf.

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Bayern ohne Einschränkungen

Ohne Einschränkungen schiebt derzeit aber nur Bayern Afghanen ab. Die bayerischen Ausländerbehörden seien verpflichtet, vollziehbar ausreisepflichtige Afghanen abzuschieben, hieß es aus dem Innenministerium in München. Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein prüfen derzeit, wie sie mit der neuen Leitlinie für Abschiebungen umgehen wollen.

Sieben Bundesländer beschränken Abschiebungen auf Gefährder und Straftäter. Andere Bundesländer gaben an, diese Gruppen würden „vorrangig“ abgeschoben. Die Landesdirektion in Sachsen erklärte, es würden keine Frauen und Familien abgeschoben.

Sechs Sammelabschiebungen

In diesem Jahr gab es nach Angaben des Bundesinnenministeriums bislang sechs Sammelabschiebungen mit insgesamt 148 Afghanen. 226 Afghanen reisten darüber hinaus im ersten Halbjahr im Zuge einer geförderten Rückkehr aus. Insgesamt wurden bis Ende Juni laut vorläufigen Zahlen des Innenministeriums mehr als 12.000 Menschen aus Deutschland abgeschoben, knapp 9.000 sind von allein ausgereist.

Abschiebungen nach Afghanistan finden aber nicht nur im Rahmen gecharterter Flüge statt. Berlin beteiligte sich etwa nur mit einer Abschiebung an einem Sammelflug. Bis Ende Mai wurden insgesamt nach Angaben der Innenverwaltung aber 28 Menschen aus der Hauptstadt nach Afghanistan abgeschoben.

Unterschiedliche Praxis

Die meisten Länder beteiligten sich bis Ende Juli jeweils mit einer Zahl im einstelligen Bereich an Sammelabschiebungen nach Afghanistan. Vier Länder beteiligten sich in diesem Jahr gar nicht an den von Bund organisierten Abschiebeflügen: Niedersachsen, Bremen, Brandenburg und das Saarland.

Künftig soll jeden Monat ein Rückführungsflug nach Kabul durchgeführt werden, wie das Bundesinnenministerium am Sonntag dem „Evangelischen Pressedienst“ bestätigte. Zunächst hatte die „Bild am Sonntag“ über die geplante Erhöhung der Anzahl an Rückführungen nach Afghanistan berichtet. Laut Ministerium sind aktuell 16.236 Afghanen in Deutschland ausreisepflichtig. 12.169 haben eine Duldung. (epd/mig) Leitartikel Politik

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