Dramatische Zunahme
Zahl der Asylverfahren fast verfünffacht
Die Zahl der an Verwaltungsgerichten anhängigen Asylverfahren in Deutschland hat sich innerhalb eines Jahres fast verfünffacht. Linken-Politikerin Jelpke kritisiert, Gerichte müssten die zweifelhafte Asypolitik der Bundesregierung ausbaden.
Freitag, 03.11.2017, 6:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 06.11.2017, 23:05 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Zahl der an Verwaltungsgerichten anhängigen Asylverfahren hat sich binnen eines Jahres fast verfünffacht. Das berichtet die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Links-Partei. Demnach verzeichneten die Gerichte zum Stichtag 30. Juni diesen Jahres insgesamt mehr als 320.000 Verfahren. Ein Jahr zuvor waren es noch knapp 69.000.
Erich Müller-Fritzsche, Vorstandsmitglied beim Bund Deutscher Verwaltungsrichter, sprach von einer „dramatischen Zunahme“ der Asylklagen. Der Vorsitzende des niedersächsischen Landesverbandes sagte der Zeitung: „Die Verwaltungsgerichte sind so stark belastet, dass sich die Arbeit mit dem gegenwärtigen Personal nicht zeitnah bewältigen lässt. Auch die von der Politik angekündigte Aufstockung beim Personal wird dafür nicht reichen.“
Politik streitet um die Zahlen
Die Asyl- und Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, wertete den Anstieg als Folge der zunehmend restriktiven Entscheidungspraxis bei syrischen und afghanischen Asylsuchenden. Sie kritisierte, die Gerichte müssten die gegenwärtige Asylpolitik ausbaden: „Die Abschreckungspolitik der Bundesregierung steigert die Bürokratie in Behörden und Gerichten. Den betroffenen Flüchtlingen wird hingegen der benötigte Schutz und die Sicherheit versagt.“
Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Stephan Harbarth (CDU) sieht das Problem hingegen in einem Ungleichgewicht zwischen Asylentscheidungen und gerichtlichen Überprüfungen. Der Bund habe infolge des Flüchtlingsandrangs das Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) deutlich aufgestockt. Nun müssten die für die Verwaltungsgerichte zuständigen Länder nachziehen. Sonst drohe „der Kollaps unseres Rechtsschutzsystems“, warnte Harbarth und schlug einen „Justizpakt“ zwischen Bund und Ländern vor: „Wir brauchen dringend mehr Personal und ein effizienteres Verfahrensrecht.“
Angeblicher Abtauchskandal aus dem Boulevardblatt
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nahm einen Bericht aus dem Boulevardblatt Bild über rund 30.000 Asylbewerber mit unbekanntem Aufenthaltsort zum Anlass für Kritik am Bund. Das Ausländerzentralregister (AZR) funktioniere nicht richtig, sagte der CSU-Politiker dem Sender n-tv. Man wisse lediglich, dass die 30.000 Asylbewerber keine Leistungen mehr erhalten, nicht aber, wo sie sich aufhielten. Das sei unbefriedigend: „Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt und wer unser Land wieder verlassen hat.“
Die Linken-Politikerin Jelpke wandte sich entschieden gegen den „angeblichen ‚Abtauchskandal'“. Das Boulevardblatt Bild schüre unberechtigte Ängste in der Bevölkerung, sagte sie. Dass abgelehnte Asylbewerber untertauchten oder in andere Länder weiterreisten, sei seit Jahren bekannt, ebenso, dass die Zahlen darüber nicht zuverlässig seien. Laut Ausländerzentralregister seien Ende September knapp 230.000 Personen ausreisepflichtig gewesen, die Mehrzahl habe aber eine Duldung und könne nicht abgeschoben werden, erklärte Jelpke. (ots/epd/mig) Aktuell Panorama
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