Mehr Flüchtlinge als je zuvor

Über 65 Millionen Menschen weltweit vertrieben

Sie waren gezwungen ihre Heimat zu verlassen und suchen entweder im eigenen Land oder jenseits der Grenzen Schutz. Noch nie gab es so viele Flüchtlinge wie 2015. Doch die Hilfsbereitschaft mancher Länder hält sich in Grenzen.

Dienstag, 21.06.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Weltweit sind mehr Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung als je zuvor. Über 65 Millionen Flüchtlinge zählten die Vereinten Nationen Ende 2015. Davon waren fast 41 Millionen innerhalb der Grenzen ihres eigenen Landes auf der Flucht, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Montag in Genf mitteilte. Im Vergleich zu 2014 stieg die Gesamtzahl der Flüchtlinge um fast sechs Millionen. Bezogen auf die gesamte Weltbevölkerung war Ende 2015 einer von 113 Menschen auf der Flucht.

Trotz allen Leids nähmen in einigen Regionen spaltende politische Rhetorik, Fremdenfeindlichkeit und Abschottung weiter zu, beklagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zum Weltflüchtlingstag am Montag. Der Geist der geteilten Verantwortung werde immer wieder von hasserfüllter Intoleranz verdrängt. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, appellierte an die Hilfsbereitschaft der Regierungen. Es liege im kollektiven Interesse der Menschheit, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Die Politik müsse die Entstehung neuer Konflikte verhindern und die anhaltenden Konflikte beenden.

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Die EU-Kommission verwies auf den finanziellen Beitrag Europas. Als weltweit wichtigster Geber humanitärer Hilfe hätten die EU und ihre Mitgliedstaaten allein über sechs Milliarden Euro für Opfer der Syrien-Krise bereitgestellt, teilte die Behörde in Brüssel mit. Die Kommission verteidigte zugleich ihre Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Es sei klar, dass jede nachhaltige Lösung die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern erfordere. Die EU wird immer wieder für ihre Kooperation mit Regierungen wie der türkischen kritisiert.

Das UNHCR erklärte den Anstieg der Flüchtlingszahlen vor allem mit den vielen anhaltenden oder wieder aufflammenden Konflikten wie in Syrien und Afghanistan. Syrien war das Land, aus dem mit 4,9 Millionen die meisten Menschen ins Ausland flohen, gefolgt von Afghanistan mit 2,7 Millionen und Somalia mit 1,1 Millionen. Die Liste der Länder mit den meisten Binnenflüchtlingen führt Kolumbien an. Innerhalb des südamerikanischen Staates waren Ende 2015 gut 6,9 Millionen Menschen vertrieben. In Syrien waren es 6,6 Millionen und im Irak 4,4 Millionen.

„Diese Zahlen dürfen uns nicht gleichgültig lassen“, betonte Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD), Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, in Berlin. Es sei wichtig, sich angesichts von Abschottungsversuchen in Europa zu vergegenwärtigen, welche Länder die größte Last in der Krise trügen: „Das ist nicht Europa, sondern Länder wie die Türkei, die weltweit den meisten Flüchtlingen Schutz bei sich bietet. Das sind die Nachbarländer der Konfliktregionen wie der Libanon.“

Laut UNHCR beherbergte die Türkei Ende 2015 die meisten Geflohenen, gut 2,5 Millionen. Der Libanon hingegen nahm im Vergleich zu seiner Bevölkerung die meisten Menschen auf: Dort kamen auf 1.000 Einwohner 183 Flüchtlinge.

Deutschland und Europa bekämen im weltweiten Vergleich nur einen kleinen Teil der globalen Flüchtlingsbewegung ab, erklärte Roland Bank, vom UNHCR in Berlin am Montag im Deutschlandfunk. Die stark betroffenen Nachbarländer der Konfliktregionen müssten stärker unterstützt werden – finanziell und strukturell, forderte er.

Deutschland bescheinigte Bank, bei den hohen Zugangszahlen im vergangenen Jahr und Anfang des Jahres Außerordentliches geleistet zu haben. Laut UNHCR gingen in Deutschland 2015 442.000 Asylgesuche ein, mehr als in jedem anderen Land. Insgesamt macht die Gruppe derer, die Antrag auf Asyl in einem der reichen Länder gestellt hat, aber nur rund drei Millionen der 65 Millionen Geflohenen aus. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel Studien

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