Behörden denken um
Experten diskutieren über Umgang mit Flüchtlingen
Unterbringung, Jobvermittlung, Sprachkurs: In Berlin diskutierten Experten die praktische Seite des Flüchtlingsandrangs. Viele Behörden müssen umdenken. Und auch Kanzleramtschef Peter Altmaier denkt über neue Wege in der Migrationspolitik nach.
Von Corinna Buschow Donnerstag, 17.03.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 17.03.2016, 17:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Migrationsbundesamt gründet Ankunftszentren, das Innenministerium denkt über ein neues Sprachkurssystem nach, auch mehr legale Zuwanderung ist wieder in der Diskussion: Bei einem Kongress in Berlin ist am Mittwoch deutlich geworden, dass der Zuzug der vielen Flüchtlingen in deutschen Amtsstuben zu einem Umdenken führt. Eine zentrale Erkenntnis formulierte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU): Reine Abschottung werde nicht funktionieren.
Altmaier, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist, prognostizierte, die Migrationsbewegungen würden nicht aufhören. Man dürfe nicht glauben, dass man Grenzen und Hindernisse für die Wirtschaft weltweit abbauen könne, aber gleichzeitig die Menschen geduldig da blieben, wo sie sind, egal unter welchen Lebensbedingungen. „Wir brauchen kluge Gedanken über den Zusammenhang zwischen Migration und der Eröffnung legaler Zugangswege“, sagte Altmaier. Die würden dann vielleicht nicht für das ganze Leben gelten, sondern befristet für ein Studium und eine Ausbildung.
Frank-Jürgen Weise, seit dem vergangenen Jahr Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, warnte auf dem Kongress vor Illusionen. Die Flüchtlinge seien „nicht die Lösung für unser demografisches Problem“, sagte er. Zehn bis 15 Prozent der Flüchtlinge seien gut qualifiziert. Sie allein lösten die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht. „Wir brauchen sogar noch zusätzliche Zuwanderung“, sagte er.
Auf dem „1. Zukunftskongress Migration und Integration“ berieten Wissenschaftler, Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und Vertreter der Kommunen über den Umgang mit der gestiegenen Zuwanderung. Im Vordergrund standen vor allem praktische Fragen im Zusammenhang mit Unterbringung, Spracherwerb oder Arbeitsvermittlung.
Auch in anderen Behörden und Ministerien zwingt der Flüchtlingsandrang zum Umdenken, wie sich beim Kongress zeigte. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans-Georg Engelke, berichtete, dass dort an einer Änderung des Systems der Integrationskurse gearbeitet wird. „Wir glauben, dass das Angebot an Integrations- und Sprachkursen in Teilen nicht mehr zeitgemäß ist“, sagte er. Das System müsse überarbeitet werden. Es gehe um die Fragen, welche Zielgruppen man wie am besten erreiche, ob es für bestimmte Gruppen Lücken gibt und welche Teile der Kurse gegebenenfalls verpflichtend sein sollen.
Im Bundesfinanzministerium wird indes intensiv überlegt, wie das Geld in der Flüchtlingspolitik am besten eingesetzt wird, wie Staatssekretär Werner Gatzer sagte. Eine Lehre der derzeitigen Situation sei: „Wenn wir Armut vor Ort nicht bekämpfen und Menschen vor Ort nicht helfen, haben wir die Menschen bei uns“, sagte Gatzer. Er werbe dafür, im Bereich Entwicklungshilfe künftig mehr zu machen.
Neue Forderungen der Länder nach mehr Unterstützung vom Bund wies er zurück. Ebenso wie der Bund hätten die Länder im vergangenen Jahr einen großen Überschuss erzielt. Der Bund beteiligt sich seit diesem Jahr mit einer Pauschale stärker an den Flüchtlingskosten. Ob die dafür geleistete Vorauszahlung ausreicht, soll sich am Jahresende zeigen. Gatzer kündigte beim Kongress an, die Finanzminister der Länder für April einzuladen, um das Verfahren der Abrechnung vorzustellen. (epd/mig) Aktuell Politik
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