Rosenmontag ohne Götter und Propheten

Wagenbauer: „Ich hatte nie Ärger mit Muslimen“

Karnevalisten ringen um den richtigen Umgang mit Anschlägen von Paris und Terror. Zeigen wir den Propheten und ziehen die Religion durch den Kakao? In Düsseldorf ist das kein Thema: dort waren Götter und Propheten schon immer ein Tabu. Kritisch sind sie dennoch.

Von Karsten Packeiser Freitag, 13.02.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.02.2015, 15:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Wenn die Fastnachter so weitermachen, machen sie sich ihr Fest kaputt“, seufzt Klaus Wilinski. Der Mainzer Karikaturist ist zuständig für die Entwürfe der Motivwagen, die am Rosenmontag über die Straßen der Stadt rollen. Die Debatte um den erst beschlossenen und dann wieder zurückgezogenen Kölner Wagen zum Anschlag auf „Charlie Hebdo“ hält er für völlig aus dem Ruder gelaufen. Züge von Hysterie hat Wilinski ausgemacht, seit auch in Mainz Stimmen laut wurden, den Terrorismus aus Sicherheitsgründen als Thema am Rosenmontag auszusparen.

In Mainz war ohnehin klar, dass die Pariser Terroranschläge kein Thema der Straßenkampagne 2015 werden würden, da die Themen aller Motivwagen hier bereits im November vom Mainzer Carneval-Verein (MCV) festgelegt wurden. Immerhin lockerten die Verantwortlichen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt wegen riesigen öffentlichen Interesses ihre übliche Geheimniskrämerei und teilten den Medien vorab mit, dass die Verteidigung der freiheitlichen Werte sehr wohl beim Mainzer Rosenmontag aufgegriffen werde. Schon länger sei nämlich ein Motivwagen mit einem großen Grundgesetz und dem Titel „Hier gelte nu(h)r ich“ geplant gewesen.

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Damit wollten sich die Rheinland-Pfälzer mit dem Satiriker Dieter Nuhr solidarisieren, der im vergangenen Jahr wegen eines Kabarettauftritts wegen Verunglimpfung des Islams angezeigt worden war. Aber wirklich provokant und kämpferisch wirkt das sympathische Grundgesetz mit Kulleraugen und Willkommens-Fähnchen in der Hand auch nicht. Diskussionen über das Thema Terrorismus seien bereits im November im MCV geführt worden, berichtet Wilinski, für den Umzug sei es dann aber verworfen worden.

Anders in Köln: Dort war nach einer Internetabstimmung kurzfristig ein Wagen zum Pariser Terror geplant gewesen, auf dem ein Mann mit Pappnase seinen Stift in den Gewehrlauf eines Attentäters rammen sollte. Ein Zeichen der Zivilcourage sollte das werden, doch aus Sicherheitsgründen verschwand der Entwurf dann plötzlich doch im Papierkorb. Dafür erntete die Kölner Zugleitung viel Kritik, aber auch Verständnis. Der Mainzer Kabarettist Lars Reichow etwa forderte in einem Zeitungsbeitrag, „auf Provokationen auf der Straße“ zu verzichten, da letztlich niemand die absolute Sicherheit der Rosenmontagszüge garantieren könne.

In Düsseldorf bleibt der für seine besonders bissigen Ideen bekannte Wagenbauer Jacques Tilly seinem Grundkonzept treu: Bis zum Rosenmontag sind alle Motive streng geheim, lediglich drei Vereinsfunktionäre wissen überhaupt Bescheid. „Wir verraten weder, was wir machen, noch was wir nicht machen“, antwortet er auf Nachfragen, ob „Charlie Hebdo“ und der Terror Thema beim Düsseldorfer Karneval werden. Nur eins stellt Tilly klar: „Was nicht fährt, ist ein Mohammed.“ Der Düsseldorfer Karneval verspotte zwar die Missstände in Kirchen und Glaubensgemeinschaften wie Frauenfeindlichkeit oder Missbrauchsskandal. Götter und Propheten seien jedoch schon immer Tabu gewesen.

So baute Tilly nach dem gewaltsamen Aufruhr gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen bereits einmal einen Wagen, auf dem symbolisch die mit einem orientalischen Krummsäbel durchbohrte Meinungsfreiheit zu Grabe getragen wurde. Und immer wieder gab es in der Vergangenheit auch Streit über drastische Darstellungen des konservativen Kölner Kardinals Meisner. Dass der Kölner Kardinal im Düsseldorfer Karneval dabei gezeigt wurde, wie er eine Frau auf dem Scheiterhaufen in Brand steckte, hatte den Kirchenmann zutiefst verletzt.

„Ich hatte nie Ärger mit Muslimen“, stellt der Wagenbauer dennoch klar. Zwar habe er durchaus böse E-Mails bekommen, etwa für die Reihe zunehmend verschleierter Frauen, an deren Ende ein zugeschnürter Müllsack stand. Aber die Beschwerden von muslimischer Seite seien stets mit Namen unterschrieben und seiner Ansicht nach auch zulässig gewesen, gibt Tilly sich versöhnlich: „Die Wagen sind ja auch polemisch.“ (epd) Gesellschaft Leitartikel

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