Rassistische Straftaten
Menschenrechtsinstitut fordert Ermittlungs- und Dokumentationspflicht
Das Institut für Menschenrechte fordert die Bundesregierung auf, Rassismus näher zu definieren. Gesetzesänderungen allein erzielten keine Wirkung, wenn Staatsanwaltschaft und Richterschaft nicht sensibilisiert werden für rassistische Motive. Kritik kommt auch von den Grünen.
Dienstag, 20.05.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.05.2014, 17:24 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt, eine Ermittlungs- und Dokumentationspflicht hinsichtlich rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Hintergründe in den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren zu verankern. Auch das statistische polizeiliche und justizielle Erfassungssystem müsse überarbeitet werden, damit alle rassistisch motivierten Taten erfasst werden.
In einem am Freitag veröffentlichten Papier nimmt das Institut Bezug auf den Referentenentwurf zur „Umsetzung von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses“ des Bundesinnenministeriums. Dem Entwurf zufolge soll in die allgemeine Regelung zur Strafzumessung explizit aufgenommen werden, dass „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Beweggründe und Ziele berücksichtigt werden müssen. Dadurch soll erreicht werden, dass rassistische Motive erstens überhaupt ermittelt und zweitens bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
Rassismus definieren
Das Institut empfiehlt dem Gesetzgeber, im Gesetzesentwurf auf den Begriff der Fremdenfeindlichkeit zu verzichten. „Er relativiert die gesellschaftliche Dimension von Rassismus und grenzt Menschen aus der vielfältigen deutschen Gesellschaft aus, indem er sie als fremd bezeichnet“, so Hendrik Cremer, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts. „Die Gesetzesbegründung sollte vielmehr ausführen, was unter dem Begriff ‚rassistisch‘ zu verstehen ist. Das Ziel der Gesetzesänderung kann nur erreicht werden, wenn die Auslegung des Begriffs geklärt wird.“
Download: Das Papier des Deutschen Instituts für Menschenrechte „Rassistisch motivierte Straftaten: Strafverfolgung muss effektiver werden“ können Sie hier herunterladen.
Zudem erzielt nach Überzeugung des Instituts eine Rechtsänderung allein keine ausreichende Wirkung. Um die Rechtspraxis zu ändern, müssten Staatsanwaltschaft und Richterschaft für mögliche rassistische Motive sensibilisiert werden. Das Institut empfiehlt der Bundesregierung deshalb, ein Modellprojekt zur Qualifizierung der Staatsanwaltschaft und Strafgerichtsbarkeit mit Blick auf Rassismus, interkulturelle Kompetenz und Menschenrechte auf den Weg bringen.
Laut Institut werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte rassistische Hintergründe von Straftaten nicht berücksichtigt haben. Auch internationale und europäische Fach- und Menschenrechtsgremien zur Bekämpfung von Rassismus sowie deutsche Nichtregierungsorganisationen haben schon vor der Aufdeckung der NSU-Morde immer wieder darauf hingewiesen, dass rassistisch motivierte Gewalttaten in Deutschland nicht ausreichend durch Polizei und Justiz erkannt werden.
Beck: Symbolpolitik
Als Symbolpolitik bezeichnete bereits zuvor Grünen-Bundestagsabgeordneter Volker Beck die geplanten Änderung im Strafgesetzbuch. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Justizminister Hass unter anderem aufgrund der Religion in seinem Gesetzentwurf nicht erwähne. Anschläge auf Synagogen oder Moscheen hätten in den letzten Jahren ein erschreckendes Ausmaß angenommen. „Soll sein Gesetz bewusstseinsschärfend bei Polizei und Justiz wirken, dann müssen alle Kriterien aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz Erwähnung finden“, so Beck. (etb) Aktuell Politik
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