Personalkarussell

Weg ist der Armutsflüchtling, zurück der Integrationsverweigerer

Das neue Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht. Sowohl neue als auch altbekannte Gesichter bilden die neue Bundesregierung. Aus integrationspolitischer Sicht gibt es zwei gute und eine schlechte Nachricht. Eine kleine Analyse.

Die zwei integrationspolitisch guten Nachrichten vorneweg: Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoğuz wird neue Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration. Damit ist sie die erste Türkeistämmige in der Geschichte der Bundesrepublik, die am Kabinettstisch Platz nehmen wird. Sie kommt für CDU-Politikerin Maria Böhmer, die diesen Posten seit 2005 innehat und in ihrer achtjährigen Amtszeit kaum Glanzpunkte setzen konnte. Über wohlformulierte Sonntagsreden hinaus wollte und konnte Maria Böhmer nicht hinaus.

In Erinnerung wird Böhmer vor allem mit ihrer CDU-Linie bleiben und damit, dass sie es immer wieder verstand, so unverbindlich wie möglich zu bleiben. Ihren gesetzlichen Auftrag, „nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen, soweit sie Ausländer betreffen, entgegenzuwirken“ und „den Belangen der im Bundesgebiet befindlichen Ausländer zu einer angemessenen Berücksichtigung zu verhelfen“ dürfte sie klar verfehlt haben.

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Friedrich geht, de Maizière kommt
Die zweite gute Nachricht ist: Der bisherige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wechselt in das Landwirtschaftsministerium. Er wird gleich mehrfach in Erinnerung bleiben. Dass der „Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“, hatte er etwa im März 2011 kurz nach seiner Amtseinführung gesagt und damit den Grundstein für das Scheitern der Islamkonferenz unter seiner Leitung gelegt.

Nur ein Jahr später (im März 2012) machte Friedrich von sich Reden, als sein Ministerium eine mit öffentlichen Geldern finanzierte Studie über „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ unter der Hand und exklusiv der Bild-Zeitung zusteckte – andere Medien wurden aktiv ausgeschlossen und dem Boulevardblatt ein Wettbewerbsvorteil verschafft. Bild titelte gewohnt reißerisch und behauptete, dass „gut 20 Prozent aller Muslime in Deutschland“ Integration ablehnen, obwohl die Studie diese Aussage nicht hergab. Friedrich behauptete mehrmals und unter anderem im heute journal, er wisse nicht, woher die Bild-Zeitung die Studie habe. Im April entschuldigte er sich in einer nichtöffentlichen Sitzung für diese Falschauskunft. Und weil das MiGAZIN über seine Entschuldigung berichtet hatte, lehnte er eine öffentliche Entschuldigung ab.

Friedrichs kurze Amtszeit voller Skandale
Die Vermisst-Plakataktion im August 2012 oder die Aktenvernichtungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz kurz nach Bekanntwerden der NSU-Morde fielen ebenfalls in Friedrichs Amtszeit. Und bis zum Schluss hielt Friedrich seine Behauptung über vermeintliche Armutseinwanderer aus Bulgarien und Rumänien aufrecht. Dabei hatte sein Ministerium bereits eingeräumt, dass es dafür keinen Beleg gibt.

Seine kurze Amtszeit krönte Friedrich während der Koalitionsverhandlungen, indem er offenbarte, dass er unter Integration im Grunde genommen Assimilation versteht: „Wenn wir Millionen von Menschen die doppelte Staatsbürgerschaft geben, die sie weitervererben, werden wir eine dauerhafte türkische Minderheit in Deutschland haben. Dies bedeute eine „langfristige Veränderung der Identität der deutschen Gesellschaft“, sagte er im November 2013. Gut, dass er weg ist.

Integrationsverweigerer ist zurück
Für ihn kommt Thomas de Maizière. Und da wären wir bei der schlechten Nachricht. De Maizière hatte bereits vom 28. Oktober 2009 bis zum 3. März 2011 das Amt des Bundesinnenministers inne und ist aus dieser Zeit noch in guter Erinnerung mit seinem Vorstoß, in Deutschland gäbe es 10 bis 15 Prozent Integrationsverweigerer. Obwohl sein eigenes Ministerium eingestehen musste, dass es für diese Behauptung keinen Beleg gibt, hielt sich diese Zahl lange Zeit in den Gedächtnissen – vor allem in rechtspopulistischen Kreisen.

Insgesamt kann man mit dem Ergebnis des Personalkarussells aber zufrieden sein. Der integrationspolitische Super-Gau Namens Friedrich ist weg, für ihn kommt ein deutlich geringeres Übel in das Bundesinnenministerium. Und für frischen Wind dürfte vor allem Aydan Özoğuz sorgen. Doch voreilige Schlüsse sollte man an dieser Stelle nicht ziehen, sondern abwarten.