Saarland hui, Bayern pfui

Hier gibt’s den Doppelpass auch für Türken

Über 60 % aller nicht-türkischen Einbürgerungsbewerber erhalten in Deutschland den Doppelpass. Bei Türken beträgt diese Quote nur 27,7 %. Das MiGAZIN verrät, wo sich der Antrag trotzdem lohnt und welches Bundesland der Türke meiden sollte.

Den Doppelpass konnten CDU/CSU und FDP vergangene Woche noch verhindern. Die Regierungskoalition lehnte Anträge der SPD, der Grünen und der Linkspartei zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes ab. Begründet wurde das vor allem mit Loyalitätskonflikten.

In der Praxis ist dieses Argument aber längst obsolet. So wurde im Jahr 2010 bei nicht türkischen Staatsangehörigen die Mehrstaatigkeit in 61,9 % aller Einbürgerungsfälle akzeptiert, bei den Türkeistämmigen lag diese Quote bei weniger als die Hälfte (27,7 %).

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Auffallend ist, dass diese Quoten von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedlich ausfallen. Einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes zufolge ist die Chance für den Doppelpass in Saarland am größten. Dort werden fast 70 % aller türkischen Antragssteller unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert. Es folgen Hamburg (37,5 %), Nordrhein-Westfalen (37,2 %), Hessen (36,9 %) und Schleswig Holstein mit einer Quote von 32,4 %. Schlusslicht mit einer Quote von nur 3,7 % Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg mit 10 %.

Wo Türken den Doppelpass bekommen und wo nicht © MiG

Ideologische Gründe
Für die migrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dağdelen, hat das „offenbar ideologische Gründe“. Denn bei nicht-türkischen Staatsangehörigen beträgt die Doppelstaater-Quote in Bayern sogar überdurchschnittliche 64,5 %.

„Bayern erschwert offenkundig gezielt die Einbürgerung türkischer Staatsangehöriger. Anders sind die höchst unterschiedlichen Werte der einzelnen Bundesländer trotz bundeseinheitlicher Rechtsgrundlagen nicht zu erklären“, so die Linkspolitikerin zu den von ihr erfragten Zahlen. Die ausgrenzende Praxis bei der Verweigerung der doppelten Staatsangehörigkeit trage zu der extrem niedrigen Einbürgerungsquote türkischer Staatsangehöriger in Bayern von gerade einmal 1,0 bei. Im Bundesdurchschnitt liegt dieser Wert bei 1,61. „Diese Zahlen sind ein Skandal!“, so das Resümee der Linkspolitikern.

Doppelpass = hohe Einbürgerungsquoten
Sie fordert die Beendigung der restriktiven Einbürgerungspraxis „und natürlich auch die besonders ausgrenzende Praxis gegenüber türkischen Staatsangehörigen!“ Bei genauer Betrachtung der vorliegenden Zahlen macht das durchaus Sinn. Denn im allgemeinen korrelieren hohe Einbürgerungsquoten mit hohen Quoten der Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit.

Doppelpass = hohe Einbürgerungsquoten © MiG

Und hier fallen Baden-Württemberg und Bayern mit einer besonders niedrigen Einbürgerungsquote auf, die um fast 30% unter dem Bundesdurchschnitt liegt (1,1 im Vgl. zu 1,5). Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen und Bremen haben über bzw. fast doppelt so hohe Quoten (2,3 bis 1,91). Dies ist deshalb besonders bemerkenswert, weil in Süddeutschland die sozioökonomischen Umstände, die bei der Einbürgerung relevant sein können (Arbeit, Einkommen usw.), günstiger als im übrigen Bundesgebiet sind. So überrascht es nicht, dass auch die Einbürgerungsquote türkische Staatsbürger in Bayern mit 1,0 ebenfalls schlecht ausfällt. Im Bundesdurchschnitt liegt diese Quote bei 1,61.

Fazit
Wer den Doppelpass haben möchte, stellt seinen Antrag am besten in Saarland und macht einen großen Bogen um die bayerischen Behörden. Dort scheinen andere Gesetze zu gelten, als im übrigen Bundesgebiet.