Berlin

Diskussion um türkischsprachige Werbeplakate

Heinz Buschkowsky (SPD), Bürgermeister des Berliner Stadtteils Neukölln, hat mit seiner Forderung, türkische Werbeplakate aus Berliner Straßen ausnahmslos zu verbannen, eine Diskussion um deren Sinn und Zweck entfacht. Es würden nun zunehmend mehr Unternehmen auf türkischer Sprache werben, offenbar mit Erfolg.

Bürgermeister Buschkowsky sieht aber in fremdsprachiger Reklame „einen Hegemonie-Anspruch“ trotz des zehnprozentigen Anteils der Türkischstämmigen an der Gesamtbevölkerung in Berlin. Seine Begründung basiert auf einem Vergleich mit den Städten Rotterdam und Glasgow: Obwohl diese Städte einen ähnlich hohen Ausländeranteil wie sein Bezirk hätten, welcher heute bereits für Menschen aus 160 verschiedenen Nationen Wohnraum bietet, seien dort trotzdem nur Werbungen in der jeweiligen Landessprache vorzufinden.

Unterstützung erhält Buschkowsky von der stellvertretenden Berliner Integrations-Beauftragten Andreas Germershausen: „Wir selbst verwenden in der Regel die deutsche Sprache. Auch in unseren Kampagnen, mit denen wir für die Einbürgerung oder qualifizierte Berufsausbildungen werben.“ In Berlin folge „die Werbung wirtschaftlichen Interessen. Das können wir nicht beeinflussen.“ Ausnahme seien lediglich Broschüren speziell für neue Zuwanderer oder Ältere.

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Kritik gegen Buschkowsky
Barbara Schmidt vom Wohnungsportal Immo-Welt ist da jedoch anderer Meinung: „Unsere Haupt-Zielgruppe sind gar nicht Türken, die kein Deutsch können. Aber Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich durch ihre Muttersprache einfach direkter angesprochen.“ Außerdem werde bei der Planung der Plakatsorte auch die Bevölkerungsstruktur berücksichtigt, wonach man in Bezirken, in denen besonders viele Türken leben, eher auf Türkisch werbe als in anderen Stadtteilen.

Doch sowohl parteiintern als auch –extern stößt Buschkowskys Vorhaben auf große Kritik. So bezeichnete Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Äußerungen des Neuköllner Bürgermeisters als „Unsinn“, da „Berlin eine multikulturelle Stadt ist und bleibt.“ Nach Martin Lindner (FDP) müsse man die Ausländer „nun mal in ihrer Landessprache ansprechen“, wenn man sie denn integrieren wolle. Selbst seitens der CDU wurden Bedenken über das Verbot türkischer Werbeplakate auf Berliner Straßen geäußert. „Wir haben doch auch englische und kyrillische Plakate in unserer Stadt“, so Peter Trapp, Vorsitzender des Innenausschusses. Schließlich hingen in den Aufzügen im „Kaufhof“ auch Hinweisschilder auf Polnisch.

Wirtschaftlich von großer Bedeutung
Auch aus wirtschaftlicher Sicht sei die Verwendung türkischer Werbeplakate von großer Bedeutung. Bilkay Öney von den Grünen sei überzeugt davon, dass die Firmen „nur mit Werbung in der Herkunftssprache der Käufer wirklich Gewinn machen können.“

Ob die Plakate nun entfernt werden oder hängen bleiben dürfen – zweifellos werden beide Beschlüsse um heiße Diskussionen sorgen. Dies bezeugt folgende, durchaus gerechtfertigte Forderung des Friedenauer Autors Giuseppe Critone: „Türkische Werbeslogans sind doch eigentlich ganz okay in einer Multikulti-Stadt wie Berlin. Ich wünsche mir aber auch italienische Werbung in Berlin. Das wäre dann ja nur fair.“

Türkische Werbeplakate der SPD in Berlin
Schließlich hat die Berliner SPD selbst in der Vergangenheit mehrfach die Straßen Berlins mit türischsprachigen Plakaten geschmückt, ohne dass sich Buschkowsky je dagegen ausgesprochen hat. So hatte beispielsweise Fritz Felgentreu (SPD) Plakate für die Abgeordnetenhauswahlen 2001 und 2006 in türkischer Sprache drucken lassen. Das türkische Sprichwort auf einem der Plakate „Ich habe eine offene Stirn“ bedeutet sinngemäß: „Ich habe nichts zu verbergen.“ (Foto links). Auf einem anderen war ein Zitat des türkischen Staatsgründers Atatürk als Motto vorangestellt: „Es gibt viele Länder, aber nur eine Zivilisation.“ (Foto rechts) Vor den Europawahlen 2004 hatte die SPD ein Plakat, auf dem ein Willkommensgruß zu lesen war: „Willkommen in Europa, Türkei! – Tue das Richtige“ (Foto mitte) (MiGAZIN)

Jungautor Burak Altas