Oberlandesgericht

Aufhebung von Minderjährigenehe wäre schwere Härte für Frau

Seit Juli 2017 gilt in Deutschland das Gesetz gegen Frühehen. Jetzt hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main das Gesetz dahingegehend ausgelegt, dass nicht jede Aufhebung Betroffene schützt, sondern sogar eine „schwere Härte“ darstellen kann.

Eine im EU-Ausland nach dort geltendem Recht wirksam geschlossene Ehe unter Beteiligung eines Minderjährigen kann in der Regel in Deutschland nicht aufgehoben werden. Dies würde die Ehepartner in ihren Rechten auf Aufenthalt und Arbeitsfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union verletzen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (AZ: 5 UF 97/19). Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung war die Ehe zwischen zwei bulgarischen Staatsangehörigen, die im Frühjahr 2018 die Ehe eingingen. Die Frau war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt. Seit Sommer 2018 lebt das Paar in Deutschland. Die zuständige Behörde des Landes Hessen beantragte, die Ehe aufzuheben, da die junge Bulgarin bei der Eheschließung minderjährig und damit nicht ehemündig gewesen sei. Diesen Antrag wies das Amtsgericht zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

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Das im Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz gegen Frühehen in Deutschland bezwecke den Schutz von über 16-jährigen minderjährigen Eheleuten. Die junge Bulgarin sei jedoch nicht in dem Maße schutzbedürftig, wie dies dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung vorgeschwebt habe, argumentierte das OLG.

Regelung erntete Kritik

Weder die Ermittlungen des Jugendamtes noch ihre Anhörung hätten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die junge Ehefrau die Tragweite und die Rechtsfolgen der Eheschließung bei der Heirat nicht erfasst habe. Die Aufhebung der Ehe würde für die Frau „eine so schwere Härte darstellen, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint“.

Opposition und Menschenrechtsorganisationen hatten die pauschale Aufhebung von Ehen zwischen Minderjährigen als populistisch kritisiert. Sie befürchten, dass Betroffenen Rechte wie Unterhalts- und Erbansprüche verloren gehen und Eheschließungen von Minderjährigen unter Generalverdacht gestellt werden. Der Deutsche Anwaltvsverein hatte der Regelung Menschenrechtswidrigkeit attestiert. (epd/mig)