Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat seine Warnung vor dem Kippa-Tragen in bestimmten Stadtvierteln mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil bekräftigt. Nach den Erfahrungen der jüdischen Gemeinschaft seien in den vergangenen Jahren häufig antisemitische Übergriffe von jungen Muslimen verübt worden, sagte Schuster dem Berliner Tagesspiegel. „Mit dieser Feststellung wollen wir aber nicht ausblenden, dass sehr viele antisemitische Straftaten von Rechtsextremisten verübt werden“, betonte der Zentralratspräsident.
Er teile die Einschätzung der Bundesregierung, dass es in Deutschland keine allgemeine Gefahr für Juden gibt, die sich in der Öffentlichkeit als Juden zu erkennen geben, sagte Schuster weiter. „Gefährdungen kann es aber in einzelnen Stadtvierteln vor allem in Großstädten geben.“ Der Zentralratspräsident hatte Ende Februar in einem Interview gefragt, „ob es tatsächlich sinnvoll ist, sich in Problemvierteln, in Vierteln mit einem hohen muslimischen Anteil als Jude durch das Tragen der Kippa zu erkennen zu geben – oder ob man da besser eine andere Kopfbedeckung trägt“.
Rechtsextremismus größte Gefahr für Juden
Nach Angaben der Bundesregierung geht indes die größte Gefahr für Juden nicht von Muslimen, sondern von Rechtsextremen aus: Von 1.275 antisemitischen Straftaten im Jahr 2013 wurden 1.218 als rechtsextrem motiviert eingestuft, heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. 31 Straftaten wurden dem Bereich „Ausländer“ zugeordnet. Dies zeige sich auch bei Angriffen auf jüdische Friedhöfe: Von 36 registrierten Schändungen im Jahr 2013 werden 32 Rechtsxtremen angelastet.
Eine allgemeine Gefahr für Juden in Deutschland durch das „öffentliche Erkennbarmachen ihres Glaubens“ sehe die Bundesregierung jedoch nicht. Man könne diesbezügliche Sorgen aber nachvollziehen, so das Bundesinnenministerium.
Auch in den Reihen von AfD und „Pegida“ sieht der Zentralratspräsident anders als die Regierung Tendenzen von Antisemitismus. Einige Äußerungen oder Karikaturen auf Facebook seien ja auch öffentlich bekannt geworden, „insofern ist diese Feststellung der Bundesregierung für uns nicht nachvollziehbar“, sagte Schuster. Das Bundesinnenministerium erklärte dagegen, antisemitische Aussagen, Tendenzen oder Slogans unter Mitgliedern beziehungsweise Funktionären der AfD seien der Bundesregierung nicht bekannt.
Gleiches gelte für die Anti-Islam-Bewegung „Pegida“ mit ihrer Hochburg Dresden. Ausnahmen bildeten die von „Pro NRW“ beeinflussten „Pegida“-Ableger in Köln, Bonn und Düsseldorf, wo „auch antisemitische Parolen“ gerufen worden sein sollen. (epd/mig)