Für manche Rezipienten hat der Film nichts Neues. Was soll schon neu sein an Nazis, die versuchen, die Weltherrschaft an sich zu reißen? Linke, wie Rechte verausgabten sich schon vor offiziellem Kino-Start in zahlreichen Kommentaren über den Film des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola, der unter anderem von der deutschen Filmstiftung, aber auch zu ca. 10 % von einigen Tausend europäischen Bürgern via Crowd Founding mitfinanziert wurde. Teilweise wurden Kulissen gespendet, manche Spender durften als Statisten mitwirken.
Science-Fiction ist ein Genre, lange als trivial angesehen, welches bestehende Verhältnisse mittels sozio-technischer Übertreibung kritisieren will. Mit „1984“ von George Orwell, Huxleys „Schöne Neue Welt“, „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury, feierte die Gattung einen Triumphzug durch Literatur und auf Leinwänden. Ob diese Art der Kritik allerdings nur auf Technikkritik beruht ist zu bezweifeln. Außerirdische Invasoren und Marvel-Helden à la Captain America, feierten ihren Siegeszug nicht zufällig im Amerika der 20er und 30er des letzten Jahrhunderts. Die Hysterie, welche die Radio-Sendung „Krieg der Welten“ auslöste, passte in die damalige Angst vor einem Angriff der Nazis auf die USA. So übertrieben die Gattung die Zukunft darstellt, so wenig übertrieben scheint der Fingerzeig auf Figuren und Gruppen, welche die Weltherrschaft anstreben, vielleicht auch ausüben. Das Grundgerüst aller Science-Fiction sind perfekt durchstrukturierte Staats- und Herrschaftsgebilde, die dem Einzelnen kaum Luft zum Überleben lassen.
Iron Sky, und das ist vielleicht das einzig ironische an diesem Film, zeigt, wie zwei heuchlerische Systeme nach 78 Jahren wieder aufeinandertreffen. Damit kommen wir in den literaturwissenschaftlichen Diskurs über Utopien und Dystopien. Mit Philip K. Dicks „LSD-Astronauten“ stürzt der Horror einer Herrschaft über die individuelle Wahrnehmung über uns. Und die SWR-Produktion „Alpha 0.7 der Feind in dir“, bringt uns diese Angst direkt in den schwäbischen Alltag. Mit Heidegger fordern da manch aktuelle Philosophen, Gelassenheit zu bewahren.
Wenn also manche Rezensenten meinen, es sei nichts Neues, die Rolle des Menschenfeindes mit Nazis zu besetzen, dann ist zu fragen, ob wir mit dem Begriff Nazi nicht schon längst Anderes assoziieren, als eben Nationalsozialisten. Was wir damit wirklich meinen ist Misanthropie, abgrundtiefer Menschenhass. Und in dem Moment als Udo Kier mit seiner Reibeisenstimme das Hinwegfegen der Untermenschen von der Erde ankündigt, genau in diesem Moment setzt das Gedächtnis ein: Kenn ich das?
Was viele Kommentatoren aus den etablierten Medien nicht verstanden zu haben scheinen ist, dass Iron Sky – der Name sagt es – ironisch gemeint ist. Und wenn man Ironie ernst nimmt, bedeutet es das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint. Dass es in der Nähe von San Diego ein ähnliches Gebäude (von der Navy als Unterkunft genutzt) wie die Hakenkreuz-Festung im Film gibt, wissen vermutlich die Wenigsten. Timothy Leary sprach in den Sechzigern von einer Unterwanderung Amerikas durch den guten Deutschen. Damit komme ich zum Fazit: Die Nazis sind weder im Himmel, noch auf der dunklen Seite des Mondes, sie sind hier unter uns. Und mögen die Nazis vom Mond trottelig, unbeholfen und veraltet daherkommen. Die auf der Erde sind es nicht.