Ein Leserbrief von vielen

Eine Ehefrau berichtet über den Sprachtest beim Ehegattennachzug

Anlässlich des aktuellen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts zu den Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug veröffentlicht das MiGAZIN einen Leserbrief einer Frau, die über ihre und die Erfahrungen ihres Ehemannes mit dem Sprachtest berichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Als betroffene Person möchte ich Ihnen hiermit verzweifelt über mein Anliegen berichten. Ich lebe seit 1989 in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem Juli 2011 bin ich mit meinem Ehemann, lebhaft in Mersin/Türkei, standesamtlich verheiratet.

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Ich und mein Ehemann haben uns bei der Wahl über unseren Wohnort definitiv gegen die Türkei entschieden, da ich hier in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsen bin.

Mein Ehemann buchte und besuchte innerhalb der vergangen drei Monate einen Deutschkurs in der Türkei – von Montag bis Donnerstag jeweils fünf Stunden Einzelunterricht und drei Stunden Kollektivunterricht pro Tag. Glücklicherweise konnte mein Ehemann aufgrund seiner guten finanziellen Verhältnissen alle anfallenden Kursgebühren bezahlen.

Ein Arbeiter mit niedrigerem Einkommen müsste wohl seine Arbeit vor Ort kündigen, um an einem solchen Kurs teilnehmen zu können und zusehen, wie er das Geld für die überteuerten Kurse beschaffen kann. Wir befinden uns in einer glücklicheren Situation, dennoch finde ich das unzumutbar und traurig.

„Wir möchten endlich unsere Hochzeitsfeier planen, eine Wohnung mieten und einrichten. Leider können wir nichts unternehmen … unsere Hände sind gebunden.“

Im Oktober 2011 nahm mein Ehemann an der Prüfung teil. Er hatte sich voller Eifer auf diese Prüfung vorbereitet. Nach der Prüfung wurden die Ergebnisse aber nicht sofort verkündet. Die Kursbesucher mussten aber auch nach der Prüfung jeden Tag zum Unterricht erscheinen obwohl sie nichts taten.

Nach einer Woche unerträglichen Wartens bekamen Sie mündlich gesagt, nicht bestanden zu haben. Mein Mann habe von 60% nur 58% geschafft. Leider wurden weder die Ergebnisse schriftlich protokolliert noch die Prüfungsunterlagen vorgezeigt.

So konnte meine Ehemann nicht nachvollziehen, wo er sich verbessern könnte. Nur eine Person von acht Schülern hat die Prüfung bestanden, das ist meiner Meinung nach Betrug und äußerst unrealistisch. Ich vermute ein bewusstes Durchfallen, um weiterhin die Schüler an das kostenpflichtige Lerninstitut zu binden.

Mein Ehemann wird im November 2011 extra nach Ankara reisen, um dort erneut an einer Prüfung teilnehmen zu können. Er ist zur Zeit sehr depressiv und traurig. Er hat Angst, noch einmal durchzufallen und zweifelt er an seiner eigenen Wertigkeit. Er ist ziemlich unsicher und zweifelt an seinen Leistungen, er fühlt sich ständig verantwortlich für unser Getrenntleben.

Wir möchten endlich unsere Hochzeitsfeier planen, eine Wohnung mieten und einrichten. Leider können wir nichts unternehmen. Uns wurde eine große Hürde gestellt und unsere Hände sind gebunden. Ich nehme jeden Tag für mein seelisches Wohlbefinden Medikamente ein. Oft habe ich einen Nervenzusammenbruch, was man mir auch auf der Arbeit ansieht. Ich werde noch in diesem Monat eine Therapie beim Psychiater beginnen, da ich diesen Druck nicht länger aushalten kann.

Ich vermisse meinen Mann und habe Ihn seit Monaten nicht mehr gesehen. Diese Trennung empfinden wir Eheleute als eine menschenrechtswidrige Folter. Ich hoffe das diese Regelung außer Kraft tritt damit liebende Menschen zusammenfinden können.

Mit freundlichen Grüßen