Generalverdacht

Schünemann fordert “verstärkte Polizeipräsenz in islamisch geprägten Stadtvierteln”

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) fordert „verstärkte Polizeipräsenz in islamisch geprägten Stadtvierteln“ und erinnert damit an die verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen, die unter seiner Führung grundgesetzwidrig durchgeführt wurden.

Die polizeiliche Kontrolle von Muslimen ist die Königsdisziplin des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU). Kaum hat Bundesinnenminister Thomas des Maizière (CDU) eine erhöhte Terrorgefahr ausgesprochen, dringt Schünemann in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung unter anderem auf eine deutlich „verstärkte Polizeipräsenz in islamisch geprägten Stadtvierteln, um ein klares Signal gegen religiöse Clanstrukturen und Regelsysteme zu setzen“. Die Forderung ist nicht neu.

Verdachtsunabhängige Moscheekontrollen
Noch bis 2009 hatte Uwe Schünemann verdachtsunabhängige Moscheekontrollen durchführen lassen, um der einheimischen Bevölkerung ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln, wie es damals hieß. Schwer bewaffnete Polizeimannschaften stellten sich vor Moscheen auf und stempelten Muslime, die vom Freitagsgebet aus der Moschee kamen, auf dem Handrücken als „kontrolliert“ ab. Dass dabei eine ganze Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht gestellt und in der Nachbarschaft ein Klima des Misstrauens erzeugt wurde störte den Innenminister ebenso wenig wie die Verfassungswidrigkeit der Kontrollen.

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Weder die Proteste der Moscheegemeinden noch der Druck der Oppositionsparteien konnten ihn zum Umlenken bewegen. Erst nachdem der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) des Landtages die verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen als rechtsmissbräuchlich und grundgesetzwidrig eingestuft hatte und daraufhin auch der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) die Einstellung forderte, gab Schünemann widerwillig nach und erklärte im Februar 2010 die verdachtsunabhängigen Kontrollen für beendet.

Generalverdacht in der Parallelwelt
Die jetzt geforderte „verstärkte Polizeipräsenz in islamisch geprägten Stadtvierteln“ erinnert auch Silke Lesemann, integrationspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, an die Kontrollen vor den Moscheetüren. „Herr Schünemann macht den gleichen Fehler, den er bei seinen verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen begangen hat. Er stellt eine Glaubensrichtung unter Generalverdacht und verstößt damit erneut gegen das Grundgesetz“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Hannover. Anstatt auf Vertrauensbildung zu setzen, missbrauche Schünemann die Polizei und befördere Misstrauen.

Die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Pia Zimmermann sieht es ähnlich und fordert Ministerpräsident David McAllister (CDU) auf, „die innenpolitische Geisterfahrt seines Innenministers unverzüglich zu stoppen. Es stellt sich mittlerweile ernsthaft die Frage, ob Innenminister Uwe Schünemann in einer Parallelwelt lebt“, so die Linkspolitikerin. Wo habe denn der Innenminister „islamisch geprägte Stadtviertel“ ausgemacht, und ab welchem Anteil von Muslimen in der Bevölkerung treffe diese Einordnung seiner Meinung nach zu. (es)