Dies gilt auch, so die Richter „wenn eine solche Rücknahme zur Folge hat, dass der Betroffene die Unionsbürgerschaft verliert, weil er nicht mehr die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.“ In einem solchen Fall müsse die Rücknahmeentscheidung jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
Im Wege eines Vorabentscheidungs- ersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem EuGH Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts vorlegen. Der EuGH entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des EuGH bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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Sachverhalt
Mit seinem Urteil beantwortet der Gerichtshof eine Frage des Bundesverwaltungsgerichts, das über den Fall des Herrn Rottmann zu entscheiden hat, der durch Geburt österreichischer Staatsbürger war und sich in Deutschland einbürgern ließ. Der Freistaat Bayern nahm seine Einbürgerung rückwirkend wieder zurück, weil er ein gegen ihn gerichtetes österreichisches Ermittlungsverfahren verschwiegen und dadurch die Einbürgerung erschlichen habe.
Nach österreichischem Recht hat Herr Rottmann durch seine Einbürgerung in Deutschland die österreichische Staatsbürgerschaft verloren, und die Rücknahme seiner Einbürgerung in Deutschland führt nicht dazu, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft automatisch wiedererlangt.
Angemessenheit
Der EuGH bekräftigt damit die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Voraussetzungen für den Erwerb und den Verlust der Staatsangehörigkeit. Allerdings müsse geprüft werden, ob die Rücknahme der Einbürgerung gerechtfertigt ist und in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des vom Betroffenen begangenen Verstoßes steht.
Des weiteren spiele die Zeit, die zwischen der Einbürgerungsentscheidung und der Rücknahmeentscheidung vergangen ist, eine entscheidende Rolle. Schließlich sei von Relevanz, ob der Betroffene die Möglichkeit hat, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen.
Wurde die Staatsangehörigkeit aber durch Täuschung erschlichen, „ist ein Mitgliedstaat nach dem Unionsrecht nicht verpflichtet, von der Rücknahme der Einbürgerung allein deshalb abzusehen, weil der Betroffene die Staatsangehörigkeit seines Herkunftsmitgliedstaats nicht wiedererlangt hat“, so die Richter.