Türkische Presse Europa

08. und 09.11.2009 – Moscheebau, Berliner Mauer, Schweinegrippe

Die Europaausgaben der türkischen Tageszeitungen berichten ausführlich über den Fall der Berliner Mauer, die Grundsteinlegung für die Kölner Moschee und über den Besuch des türkischen EU-Verhandlungsführers Egemen Bagis.

08.09.2009

Apartheid in der Schule
Unter dieser reißerischen Schlagzeile berichtet die MILLIYET über die Berliner Gustav Falke Grundschule und meint, dass nun auch in Schulen diskriminiert werde (wir berichteten). An der Schule sei der Anteil von Migrantenkindern sehr hoch und die Schulleitung habe beschlossen, Deutsche Kinder in eine eigene Schulklasse zu sammeln. Die Begründung sei, dass das Bildungsniveau von ausländischen Kindern niedrig sei. Die MILLIYET teilt weiter mit, dass dieses Vorhaben auf Kritik gestoßen sei und führt aus, dass eine andere Schule in Nordrhein-Westfalen ähnliche Praktiken bereits vor 15 Jahren aufgegeben haben weil es der Integration schade.

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Das Fundament für Integration ist in Köln gelegt worden
titelt die MILLIYET und weißt darauf hin, dass die Moschee in zwei Jahren fertiggestellt sein wird und rund 25 Millionen Euro kosten soll.

Die HÜRRIYET hingegen macht auf Moscheegegner Pro-Köln aufmerksam, die „wie immer protestiert“ hätten. Mit zwei Tausend Teilnehmern und einer großen Feier sei der Grundstein gelegt worden. Der türkische Minister Faruk Celik, habe in seiner Rede gesagt, dass die Moschee innen wie außen offen sein werde. Der türkische DITIB-Vorsitzender Prof. Dr. Ali Bardakoglu habe betont, dass sie für den Dialog seien und auch gegenüber den Moscheegegnern offen sein und sie „umarmen“ müssen.

Die SABAH hebt die Grußbotschaft Angela Merkels hervor, die gesagt habe, dass mit dem Bau der Kölner Moschee feststehe, dass Muslime in Deutschland zu Hause seien.

Zusammenhalt stärkt
Der türkische EU-Verhandlungsführer Egemen Bagis hat während seines Aufenthaltes in Berlin Türken dazu aufgerufen, zusammenzuhalten. Aus Zusammenhalt werde Stärke, ist in der HÜRRIYET zu lesen. Bagis habe darauf hingewiesen, dass rund drei Millionen Türken in Europa leben. Türkische Unternehmer würden 350.000 Menschen Arbeit geben und hätten ein jährliches Giro von 30 Milliarden Euro.

„Deutschland wird auch weiterhin unser Verbündeter bleiben“, titelt die TÜRKIYE und berichtet über das Treffen von Egemen Bagis und Außenminister Guido Westerwelle. Bagis habe Westerwelle eine Einladung des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan übermittelt und gesagt, dass die Vereinbarungen der schwarz-gelben Regierung im Koalitionsvertrag in Bezug auf die EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei, positiv seien.

Ganzseitig berichtet auch die SABAH über den Berlinaufenthalt des türkischen EU-Verhandlungsführers Egemen Bagis. Er habe in einem Treffen mit Vertretern von Migrantenorganisationen an die Anwesenden appelliert, Antreiber der Europäischen Union zu werden.

Familiendrama
Ausführlich berichtet die HÜRRIYET über ein türkisches Familiendrama. Der in Deutschland lebende Vater von vier Kindern, F.Ö. , versuche seit Jahren seine Ehefrau nach Deutschland zu holen. Weil die Ehefrau aber Analphabetin sei, könne sie die Sprachtests nicht bestehen. Nun kämpfe die Familie auch noch mit einem weiteres Hindernis: Der Ehemann sitze seit einem Verkehrsunfall vor vier Jahren im Rollstuhl und lebe von staatlicher Hilfe. Dies sei ein Ausschlussgrund für die Erteilung eines Visums.

Wenn Du Türke bist, stirb zu Hause
Unter dieser Schlagzeile berichtet die TÜRKIYE über eine türkische Familie, bei denen die Schweinegrippe festgestellt worden sei. Die Familie sei in ein Krankenhaus gegangen, um sich behandeln zu lassen. Allerdings, so die TÜRKIYE, seien sie nach fünf Stunden Wartezeit und nach einer Spritze wieder nach Hause geschickt worden, obwohl die Familie unter Beobachtung stehen müsse. Selbst die Spritze habe man vergessen, abzunehmen.

WDR opfert türkisch
Die HÜRRIYET kritisiert das Westdeutsche-Rundfunk wegen den geplanten Kürzungen der türkischsprachigen Sendungen. Das WDR, so die HÜRRIYET, habe lediglich Geld im Sinn und wolle dafür die türkischen Sendungen opfern.

09.09.2009

Land Hessen wird islamisch-theologischen Lehrstuhl finanzieren
Ein Drittel aller hessischen Kinder insgesamt und die Hälfte der Frankfurter Kinder haben einen Migrationshintergrund. Dies stellt der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn in der ZAMAN fest. Aus diesem Grund lege man im Rahmen der Integrationspolitik besonders Wert auf den islamischen Religionsunterricht. Aus diesem Grund werde das Land Hessen in naher Zukunft die Finanzierung des islamisch-theologischen Lehrstuhls übernehmen. Hahn verwies auch darauf hin, dass die derzeit in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen durchgeführten Modelle eigentlich kein Religionsunterricht sind, sondern nur Islamkunde. Hessen jedoch wolle einen vollwärtigen Religionsunterricht anbieten.

El-Schirbini-Verfahren neigt sich dem Ende zu
Nach einem Bericht der MILLIYET geht das Verfahren gegen den Mörder von Marwa el-Schirbini dessen Ende zu. In dem nun zwei Wochen dauernden Verfahren hat das Gericht die Schuldfähigkeit des Täters festgestellt. Die Zeitung geht von einer lebenslänglichen Haftstrafe für den Täter aus.

Schweinegrippe: Türkische Ärzte bleiben außen vor
In der TÜRKIYE beschweren sich türkischstämmige Hausärzte in Hamburg über das Prozedere der Schweinegrippeimpfungen. Demnach haben nur 15 Hausärzte in Hamburg eine Genehmigung, die  Schweinegrippeimpfung durchzuführen. Kein einziger davon wäre ein türkischer Arzt, und das bei über 70 Tausend türkischen Patienten, kritisierte der Arzt Dr. Mustafa Havuc. Wenn er schon eine Gesundheitsbescheinigung für die Impfung ausstellen könne, wieso könne er dann nicht auch die Impfung vornehmen, fragte der Arzt. Während die saisonale Grippeimpfung überall erhältlich sei, gebe es keine Erklärung für dieses Sonderverfahren. Patienten kritisierten gegenüber dieser Zeitung das Verfahren. Jeder Patient sollte seinen Arzt frei wählen dürfen, hieß es von dieser Seite. Außerdem wurde kritisiert, das auf Kosten der Gesundheit finanzielle Erwägungen in den Vordergrund gestellt werden.

„Deutschland ist unser wichtigster Alliierter“
Der Hauptverhandlungsführer der Türkei, Egemen Bagis, traf sich in Berlin mit dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle. Darüber berichtet die ZAMAN. Dabei stellte Bagis klar, dass Deutschland für die Türkei auch weiterhin der wichtigste Alliierte ist. Auch bedankte sich Bagis für die Unterstützung Westerwelles für den EU-Beitritt der Türkei. Die in Deutschland lebenden Türken forderte Bagis dazu auf, nicht nur in die Türkei sondern auch in Deutschland ihre Investitionen zu tätigen.

20 Jahre Mauer-Fall
Umfangreich thematisieren MILLIYET, ZAMAN und HÜRRIYET den zwanzigsten Jahrestag der Fall der Mauer. In der MILLIYET stellt die Wissenschaftlerin Dr. Nevim Cil fest, dass die Mauer auch auf die Türken in Deutschland fiel. Nach dem Fall der Mauer wären die Vorurteile gegenüber Migranten stark gestiegen. Sehr viele Türken, mit denen sie im Rahmen ihrer Studie gesprochen habe, hätten von sehr vielen Nachteilen nach dem Mauerfall berichtet.
ZAMAN und HÜRRIYET beschränken sich bei ihrer Berichterstattung auf die Nachzeichnung der historischen Ereignisse vom 9. November 1989.

Grundsteinlegung der Kölner Moschee
Die ZAMAN berichtet umfangreich von der Grundsteinlegung des Kölner Moscheebaus der Ditib. An der Zeremonie nahm auch der Vorsitzende der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Prof. Dr. Ali Bardakoglu, teil. Bardakoglu verwies darauf, dass dies nicht ein Erfolg der in Deutschland lebenden Türken, sondern Deutschlands sei. „Diese Haltung zur Religionsfreiheit Deutschlands sollte ein Beispiel für die Welt sein“, sagte Bardakoglu. An der Zeremonie nahmen auch Vertreter der christlichen Kirchen, der Integrationsbeauftragte von NRW, Thomas Kufen, der neue Oberbürgermeister Kölns, Jürgen Roters, der vormalige Bürgermeister Fritz Schramma und der türkische Minister für die Auslandstürken, Faruk Celik.

Hessen will Partnerschaft mit der Türkei
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch und der hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn werden nach einem Bericht der MILLIYET  zu Gesprächen in die Türkei fliegen. Dabei sollen der Ministerpräsident und sein Minister auch von dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan empfangen werden. Dabei will das Land Hessen mit der Türkei regionale Wirtschaftspartnerschaften abschließen.