Alarmsignal

Wer eingebürgert werden will, muss klagen

„Der Rückgang der Einbürgerungszahlen ist ein Alarmsignal für die Integration in diesem Land“, so Werner Wölfle, integrationspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. Die Einbürgerungszahlen im Land seien von Jahr zu Jahr rückläufig. Mit 12.972 Einbürgerungen im Jahr 2007 habe Baden-Württemberg einen historischer Tiefststand erreicht. Für 2008 sei ein weiterer Rückgang von 15 Prozent prognostiziert worden.

Umso ernüchternder seien in diesem Zusammenhang die Berichte von Einbürgerungsbewerbern, die allesamt von der Landesregierung in der Antwort auf den Abgeordnetenantrag von Werner Wölfle (Drs. 14/4028) in dieser Form bestätigt worden seien.

Danach gab es über zahlreiche Anträge von Einbürgerungswilligen Monate lang keine Entscheidung der zuständigen Einbürgerungsbehörde wie Stadt bzw. Landratsamt, obwohl die Kriterien erfüllt worden waren. Nachfragen der Bewerber und Bewerberinnen ergaben, dass die Verzögerung allein an der fehlenden Zustimmung des Regierungspräsidiums liege. Diese müssen bei bestimmten Konstellationen ihre Zustimmung zur Einbürgerung erteilen, unterliegen hierfür aber keiner gesetzlichen Frist.

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Unter dieser Praxis haben vor allem serbische Staatsangehörige aus dem Kosovo mit albanischer Volkszugehörigkeit zu leiden. Diese Personen können auf legale Weise und in zumutbarer Weise nicht aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen werden, ein Umstand, den der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg bestätigt hatte. Deshalb können diese Menschen nur eingebürgert werden, wenn ihre serbische Staatsangehörigkeit hingenommen wird.

Dass die Einführung eines Doppelpasses die Einbürgerungsabsichten von MigrantInnen verdoppeln würde, hat jüngst auch die Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge festgestellt. Wölfle: „Den Regierungspräsidien ist das vom Innenministerium per Erlass auch entsprechend mitgeteilt worden, gehandelt wird nicht danach.“ Um eine Entscheidung zu erzwingen, müssen diese Einbürgerungswilligen wegen Untätigkeit der Behörde klagen.

Laut Angaben des Innenministeriums wurden seit dem Jahr 2006 insgesamt 73 Untätigkeitsklagen bei den Einbürgerungsbehörden eingelegt. „In weit mehr als 50% dieser Klagen wurde dem Einbürgerungsbewerbern Recht gegeben und die Behörden zu einer Entscheidung verpflichtet. Vor allem beim Regierungspräsidium Stuttgart ist die Zahl der eingelegten Klagen besonders hoch“, so Wölfle.

Bemerkenswert seien die finanziellen Folgen dieser Klagen. „Nicht die Regierungspräsidien, die die Verzögerungen verursacht haben, zahlen im Unterliegensfall die Kosten des Rechtsstreits, sondern die Einbürgerungsbehörden der Kommune oder des Landkreises als unmittelbar zuständige Einbürgerungsbehörden. Die Regierungspräsidien befolgen nicht die Anweisungen des Innenministeriums, entscheiden nicht über Einbürgerungsanträge“, so Wölfle, „aber die Kommunen und Kreise zahlen die Zeche.“