Rostock-Lichtenhagen

Gedenkwoche zu Ausschreitungen vor 25 Jahren

In einer fünftägigen Gedenkwoche wird in Rostock den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen gedacht. Ministerpräsidentin Schwesig ruft zum weiteren Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit auf, Grüne und Linke Politiker fordern Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat zum weiteren Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. An den „schrecklichen Ereignissen“ vom 22. bis 26. August in Rostock-Lichtenhagen vor 25 Jahren gebe es „nichts zu leugnen oder zu beschönigen“. Sie mahnten und verpflichteten bis heute, sagte die Regierungschefin am Dienstag in der Rostocker Marienkirche zum Auftakt der fünftägigen Gedenkwoche laut Redetext.

Vom 22. bis 26. August 1992 war es in Rostock-Lichtenhagen zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen gekommen. Am 24. August hatten Hunderte Jugendliche und Erwachsene, darunter viele Rechtsradikale, die kurz zuvor geräumte Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber im Sonnenblumenhaus sowie ein benachbartes Wohnheim für Vietnamesen belagert und aus der Menge heraus Steine und Brandsätze geworfen. 120 Vietnamesen und einige Deutsche hatten sich nur durch Flucht auf das Dach des Hauses vor dem Feuer retten können.

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Der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, betonte, Angriffe auf Ausländer oder Minderheiten seien immer auch Angriffe auf die Demokratie und den Rechtsstaat. Die aktuelle Flüchtlingsdiskussion zeige, dass die Politik dies noch nicht erkannt habe.

Beck: Pogrom ist ein Schandfleck

In Deutschland seien seit 1990 nach einer Dokumentation der Amadeu-Antonio-Stiftung 179 Menschen rechtsradikaler und rassistisch motivierter Gewalt zum Opfer gefallen, fügte Rose hinzu. Die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 25 Jahren seien „die massivsten fremdenfeindlich motivierten Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte“ gewesen.

Volker Beck (Die Grünen) bezeichnete das Pogrom als ein „Schandfleck der jüngeren deutschen Geschichte“ und ergänzte: „Noch lange haben wir daraus nicht die richtigen Konsequenzen gezogen, denn noch immer werden Menschen in Deutschland Opfer von Gewalt, weil ihnen das Fremdsein zugeschrieben wird.“ Beck fordert eine effektive Strafverfolgung sowie ein Bleiberecht für die Opfer menschenfeindlicher Gewalt.

Jelpke fordert Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt

Ein Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt fordert auch Linke-Politikerin Ulla Jelpke. „Denn es ist unerträglich, wenn ihr Aufenthaltsrecht in Gefahr gerät, weil sie infolge einer Gewalttat ihre Einkommensgrundlage durch psychische oder physische Verletzungen und Beeinträchtigung ihrer Erwerbsfähigkeit verlieren. Diese Menschen abzuschieben, wäre ein fatales Signal für ein Zusammenwirken von Behörden und rechten Gewalttätern“, erklärte Jelpke.

Nach der Gedenkveranstaltung in der Rostocker Marienkirche sollte am Rathaus eine Marmor-Stele zur Erinnerung an die Ereignisse vom August 1992 der Öffentlichkeit übergeben werden. Vier weitere Stelen sollen bis zum Samstag (26. August) in verschiedenen Stadtteilen eingeweiht werden. Sie wurden von der Künstlergruppe „Schaum“ gestaltet. (epd/mig)