Hanau-Vergleich im Netz

Berlin verbietet Demonstration gegen Corona-Beschränkungen

Berlin hat eine erneute Großdemo gegen Corona-Beschränkungen am Samstag verboten. Begründet wird das mit zu erwartenden Verstößen gegen die Hygieneregeln und Auflagen. Die Initiative „Querdenken“ will bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Im Netz werden Vergleich zu Hanau gezogen.

Die Berliner Versammlungsbehörde hat die geplante Großdemonstration von Corona-Skeptikern und -leugnern am Samstag und weitere Demonstrationen am Freitag und Sonntag verboten. Die Verbote würden maßgeblich damit begründet, dass es bei dem zu erwartenden Teilnehmerkreis zu Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung kommen werde, teilte die Berliner Innenverwaltung am Mittwoch mit. Die Versammlungen vom 1. August hätten gezeigt, dass die Teilnehmer sich bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung hinweggesetzt haben.

Anmelder der Demonstrationen unter dem Motto „Berlin invites Europa – Fest für Freiheit und Frieden“ ist erneut unter anderem die Initiative „Querdenken 711“ des Stuttgarter Unternehmers Michael Ballweg. Erwartet wurden wieder Zehntausende Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet, darunter Corona-Leugner, Impfgegner, Verschwörungsideologen, Esoteriker, rechte Esoteriker, Reichsbürger und Rechtsextremisten.

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Geisel: Verbot ist Entscheidung für Infektionsschutz

Das Verbot sei keine Entscheidung gegen die Versammlungsfreiheit, sondern eine Entscheidung für den Infektionsschutz, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD). Die Anmelder der Versammlungen von Anfang August hätten ganz bewusst die Regeln gebrochen, die sie vorher in Gesprächen mit der Polizei akzeptiert hatten. Ein solches Verhalten sei nicht akzeptabel. „Der Staat lässt sich nicht an der Nase herumführen“, erklärte Geisel.

„Wir sind noch mitten in der Pandemie mit steigenden Infektionszahlen“, sagte Innensenator. „Wir müssen deshalb zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem der Unversehrtheit des Lebens abwägen.“ Der Innensenator kündigte ein konsequentes Vorgehen der Polizei an, sollten sich dennoch große Menschenansammlungen bilden. Auch würden die im Vorfeld angekündigten Zeltlager in Berlin nicht geduldet.

Demo-Anmelder will juristische Prüfung

Demo-Anmelder Michael Ballweg erklärte am Mittwoch in den sozialen Netzwerken, er sei „schockiert“. Der Leipziger Anwalt Ralf Ludwig erklärte per Videobotschaft, die Initiative werde gegen die Verbote klagen. Sollten die Verbote nicht bereits auf Ebene des Verwaltungsgerichts oder Oberverwaltungsgerichts aufgehoben werden, werde man das Bundesverfassungsgericht anrufen: „Wir gehen davon aus, dass die Versammlung am 29. August stattfindet.“ AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen forderte den Rücktritt Geisels.

Begrüßt wurde das Verbot dagegen vom Internationalen Auschwitz-Komitee. Dieses Verbot sollte ein wichtiges Signal sein, dass der Staat diesen Gruppen in Zukunft wehrhafter entgegentritt, erklärte der Exekutiv Vizepräsident des Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner.

Hanau-Vergleich im Netz

In den sozialen Netzwerken wurde das Verbot in Berlin mit dem Demo-Verbot in Hanau verglichen. Christian Bangel, Zeit-Journalist, etwa schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Für ein paar Tage stand echt im Raum, dass eine Gedenkdemo in Hanau wegen Corona verboten wird, ein Aufmarsch der (maskenverweigernden) neuen und alten Rechten aber nicht. Verrückt war das.“

Kritik äußerten zahlreiche Twitter-Nutzer auch an der medialen Berichterstattung. Ein Tweet vom Theater- und Drehbuchautor Juri Sternburg etwa wurde mehrere Tausend mal geteilt. Sternburg stellt zwei Schlagzeilen aus dem Boulevardblatt „Bild“ gegenüber. In einem Fall titelte das Blatt „Wegen Corona. Gedenk-Demo in Hanau abgesagt“, nach dem Demo-Verbot in Berlin heißt es: „Das meint Bild zum Demo-Verbot in Berlin. Inakzeptabler Angriff auf eines unserer höchsten Grundrechte.“

An der Großdemonstration von Corona-Skeptikern und -leugnern Anfang August hatten sich laut Polizei bis zu 20.000 Teilnehmer beteiligt. Die Veranstalter sprachen von 1,3 Millionen Menschen. (epd/mig)