Corona-Schuldenmoratorium

Währungsfonds sieht Afrika vor beispielloser Gesundheits- und Wirtschaftskrise

Die Industrie- und Schwellenländer der G20 beschließen wegen der Corona-Pandemie Schuldenerleichterungen für die armen Staaten. Besonders für Afrika sind die wirtschaftlichen Aussichten düster.

Die wichtigsten Wirtschaftsnationen wollen den 77 ärmsten Staaten in der Corona-Krise Zins- und Schuldenrückzahlungen stunden. Die Finanzminister der G20-Staaten verständigten sich bei ihren Beratungen am Mittwoch auf ein Schuldenmoratorium bis Ende des Jahres, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank mitteilten. Zuvor hatten bereits die G7-Staaten und der IWF ähnliche Beschlüsse gefasst. Die Beratungen laufen im Rahmen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank, die bis Freitag virtuell stattfindet.

Entwicklungsorganisationen begrüßten die Schuldenerleichterungen als ersten Schritt, forderten aber weitergehende Maßnahmen. Afrika schlittert laut einer Prognose des IWF in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie in eine beispiellose Gesundheits- und Wirtschaftskrise. Die Wirtschaftsleistung auf dem Kontinent dürfte um 1,6 Prozent schrumpfen. Das wäre der stärkste Einbruch, den der IWF jemals in Afrika registriert hat. Das Pro-Kopf-Einkommen wird demnach um 3,9 Prozent sinken.

___STEADY_PAYWALL___

Oxfam: Moratorium reicht nicht

Das Aussetzen des Schuldendienstes für 77 Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika kann laut dem Bündnis erlassjahr.de bis zu zwölf Milliarden US-Dollar für die Bewältigung der Corona-Krise freisetzen. „Bereits budgetierte Mittel statt in den Schuldendienst in die oft fragilen Gesundheitssysteme zu investieren, ist die schnellste Form der finanziellen Unterstützung“, erklärte erlassjahr-Koordinator Jürgen Kaiser. Wenn sich dem Moratorium auch private Gläubiger und multilaterale Institutionen anschlössen, würden bis zu 25,5 Milliarden Dollar zur Bekämpfung des Coronavirus frei. Dem Bündnis erlassjahr.de gehören Entwicklungsorganisationen an.

Oxfam sprach von einem willkommenen Schritt, der allerdings nicht ausreiche. Notwendig sei ein Erlass von Schulden, erklärte der Oxfam-Schuldenexperte Jaime Atienza. Eine Reihe von Ländern sei schon vor dem Coronavirus an den Rand einer Schuldenkrise geraten.

Appell von 18 Staats- und Regierungschefs

Der Verband Entwicklungspolitik (Venro), dem rund 140 private und kirchliche Organisationen angehören, forderte, das Aussetzen der Zins- und Tilgungszahlungen zu verlängern. „Die Bundesregierung muss selbst mit gutem Beispiel vorangehen“, forderte der Venro-Vorsitzende Bernd Bornhost. So solle Deutschland auf fällige Schuldendienstzahlungen von kritisch verschuldeten Ländern bis Ende 2021 verzichten.

In einem gemeinsamen Appell riefen 18 afrikanische und europäische Staats- und Regierungschefs zu Einigkeit und Solidarität angesichts der Corona-Krise auf. „Dieses Virus kennt keine Grenzen“, heißt es in dem auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterzeichneten Appell, der in der „Financial Times“ veröffentlicht wurde.

USA stoppt Zahlungen an WHO

Die Staats- und Regierungschefs plädierten für ein sofortiges Schuldenmoratorium und ein 100-Milliarden-Dollar-Konjunkturprogramm für Afrika. Sie rufen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf, zusammen mit der Weltbank und anderen Institutionen einen globalen Corona-Aktionsplan zu erstellen.

Derweil steht die WHO selbst vor einer Krise. US-Präsident Donald Trump wirft der Weltgesundheitsorganisation entscheidende Fehler im Kampf gegen das Coronavirus vor. Die ausbleibenden US-Gelder treffen den obersten Gesundheitswächter der Vereinten Nationen schwer – und damit auch den Kampf gegen das Virus in armen Ländern. Das Einfrieren der US-Beiträge inmitten der Corona-Pandemie hat international heftige Kritik ausgelöst.

Ein gemeinsamer Kampf

„Tatsächlich kann nur ein globaler Sieg, der Afrika voll einschließt, diese Pandemie beenden“, erklären die Staats- und Regierungschefs, darunter auch der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed, der ruandische Präsident Paul Kagame, der italienische Ministerpräsident Guiseppe Conti und der französische Präsident Emmanuel Macron sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

„Keine Region kann den Kampf gegen Covid-19 allein gewinnen“, schreiben die Staats- und Regierungschefs. Wenn das Virus in Afrika nicht besiegt werde, werde es zurückkehren, um alle zu verfolgen. (epd/mig)