Nach Hanau

Verfassungsschutz-Präsident warnt vor „Kette des Terrors“

Verfassungsschutz-Chef Haldenwang räumt Fehler seiner Behörde im Umgang mit Rechtsextremismus – vor allem beim NSU. Jetzt drohe Deutschland eine „Kette des Terrors“.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hat vor einer „enormen Dynamik“ bei der Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland gewarnt. Es gehe nicht mehr um Einzelaktionen, sondern um eine „Kette des Terrors“, sagte Haldenwang in Wuppertal. Er bezog sich in seiner Einschätzung auf den rassistisch motivierten Anschlag in Hanau, den Angriff auf die Synagoge in Halle im Oktober und den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im vergangenen Juni.

Eine große Gefahr bestehe in der Verwischung der Grenzen zwischen Rechten und Demokraten: „Die Rechtsextremen haben es geschafft, über die Themen Migration und Fremdenfeindlichkeit Anschluss an bürgerliche Kreise zu finden“, betonte Haldenwang.

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Der oberste Verfassungsschützer ging auch auf Kritik an seiner Behörde ein und räumte Fehler ein. Vor allem der Fall des „Nationalsozialsozialistischen Untergrunds“ (NSU) habe bei der Bevölkerung zu einem „massiven“ Verlust an Vertrauen geführt, das es nun wiederherzustellen gelte. „Der Verfassungsschutz hat nicht immer geglänzt. Wir haben es nicht geschafft, diese Morde zu verhindern“, sagte Haldenwang. Mit Blick auf die Arbeit von V-Leuten und geschredderte Akten gebe es immer noch Unaufgeklärtes.

12.700 gewaltorientierte Rechtsextremisten

Zu der Podiumsdiskussion hatte Donnerstag vergangener Woche die Evangelische Kirche Wuppertal eingeladen. Vor dem Veranstaltungsort, der Elberfelder Citykirche, demonstrierten rund 100 Teilnehmer aus dem politisch linken Spektrum gegen Haldenwangs Erscheinen und warfen ihm vor, seine Behörde habe die NSU-Verbrechen und Verflechtungen mit Rechtextremen nicht hinreichend aufgeklärt. Haldenwang steht seit November 2018 an der Spitze des Verfassungsschutzes.

Unter seiner Leitung wurde die Zahl der Mitarbeiter, die sich ausschließlich um Rechtsextremismus kümmern, von 200 auf 300 aufgestockt. Doch gebe es in Deutschland rund 12.700 gewaltorientierte Rechtsextremisten, die unmöglich alle ständig unter Beobachtung gehalten werden könnten, betonte Haldenwang. Insgesamt hat der Verfassungsschutz nach seinen Angaben rund 4.000 Mitarbeiter. (epd/mig)