Hasskommentare

Renate Künast: Facebook muss sich für den Schutz von Minderheiten einsetzen

Facebook hat erstmals einen Politiker-Besuch beim Hasskommentare-Löschteam zugelassen. Renate Künast (Grüne) sprach mit den zuständigen Mitarbeitern. Nächste Woche soll auch ein Besuch des Bundesjustizministeriums anstehen.

Mit Renate Künast (Grüne) hat am Mittwoch erstmals ein Politiker die Hasskommentare-Löscheinheit von Facebook in Berlin besucht: „Seit knapp zwei Jahren möchte ich mir vor Ort bei der Bertelsmann-Tochter Arvato ein Bild über die Arbeit der Löschteams verschaffen. Heute war es endlich soweit – spät aber immerhin“, teilte Künast nach dem Besuch am Mittwoch in Berlin mit. Sie sei darüber informiert worden, dass mittlerweile 650 Mitarbeiter am Berliner Sitz arbeiteten.

Facebook kündigte nach dem Besuch in einem Blogpost vom Mittwoch an, dass bis Ende dieses Jahres mehr als 700 Menschen bei Arvato in Berlin arbeiten würden. „Es ist unser erklärtes Ziel, unser Community-Operations-Team, das gemeldete Inhalte prüft, weiter auszubauen“, kündigte das soziale Netzwerk an.

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Löschteam abgeschirmt

Facebook hat die Bertelsmann-Tochter Arvato in Berlin als externen Partner beauftragt, Inhalte zu prüfen und gegebenenfalls zu löschen. Arvato ist strikt abgeschirmt und es ist nicht bekannt, wie viele Personen dort arbeiten und zu welchen Bedingungen.

„Ich habe die Arbeitsplätze gesehen und konnte mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Löschteams über ihren Job und auch über ihre psychische Belastung sprechen“, erklärte Künast weiter. Danach habe es eine Diskussion gegeben mit den Mitgliedern des Managements von Arvato und Facebook aus Deutschland und Dublin, dem europäischen Hauptsitz des Unternehmens. „Man sieht: der politische Druck und die öffentliche Auseinandersetzung zeigt Wirkung“, sagte Künast. Facebook müsse sich deutlich für den Schutz von Minderheiten einsetzen, sagte Künast. „Immer noch löscht Facebook zu wenig, das Falsche oder zu langsam.“

Facebook in der Kritik

Facebook ist seit Monaten in der Kritik, Hasskommentare und strafbare Inhalte auf seiner Plattform nicht oder nicht schnell genug zu löschen. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) Betreiber sozialer Netzwerke dazu verpflichten, rechtswidrige Inhalte schneller und konsequenter zu löschen. Zudem sollen Unternehmen wie Facebook darüber Auskunft geben, wie sie gegen strafbare Inhalte vorgehen, sowie gut erreichbare Beschwerdestellen für Nutzer schaffen. Bei Verstößen sind hohe Bußgelder vorgesehen.

Kritik an dem Gesetz kommt auch von Künast: Die Gesetzesvorlage von Minister Maas werde der notwendigen Abwägung von Grundrechten nicht gerecht, teilte Künast mit. Es sei nicht klar, was „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte seien. Es müsse eine Clearingstelle geben, wenn Inhalte zu Unrecht gelöscht werden. „Am Ende müssen immer Gerichte und keine Privaten entscheiden.“

Justizministerium darf Löschteam besuchen

Nach langem Bemühen bei Facebook darf auch das Bundesjustizministerium erstmals das Hasskommentare-Löschteam des sozialen Netzwerks in Berlin besuchen. „Da ist erfreulich, dass wir die Möglichkeit haben, dorthin zu gehen“, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministerium auf Anfrage des epd am Mittwoch. Das Bundesjustizministerium bestätigte damit einen Bericht auf Spiegel online.

Gerd Billen, Staatssekretär von Justizminister Heiko Maas (SPD), werde voraussichtlich einen Termin in der kommenden Woche wahrnehmen. „Wir bitten seit längerem darum, dass wir uns die Prüfteams anschauen können.“ Bisher habe Facebook diesen Wunsch abgelehnt. Vor Ort wolle man sich ein Bild machen, wie das Beschwerdemanagement funktioniert und wie die Arbeitsbedingungen für das Löschteam seien. (epd/mig)