Gelichter

Der entartete Deutsche

Endlich scheint rassistische Gewalt bei den Strafverfolgungsbehörden angekommen zu sein. Und, mal wieder, war das einzige, was es dazu brauchte, ein toter Polizist. Gott bewahre, dass mal ein toter Türke dazu reichen könnte.

Ich würde heut gern über die Reichsbürger sprechen. Aber als ich das das letzte Mal tat, schickte uns Deutschlands bekanntester Aluhutträger, ein in Ungnade gefallener Sohn Mannheims, einen Liebesbrief über seinen Anwalt.

Er ist dennoch nicht der Grund, warum ich nicht darüber reden werde. Denn endlich scheint das Thema bei den Strafverfolgungsbehörden angekommen zu sein. Und, mal wieder, war das einzige, was es dazu brauchte, ein toter Polizist. Gott bewahre, dass mal ein toter Türke dazu reichen könnte, rassistische Gewalt ernstzunehmen.

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Die Zeichen, die ich dabei spare, Rassisten umständlich beim Namen zu nennen, möchte ich lieber auf etwas Anderes verwenden. Und das sind nichtmal die drei Syrer, die diejenige Zivilcourage gezeigt haben, die die deutschen Nachbarn des NSU-Trios nie zeigen wollten. Denn die Heldenverehrung, die diesen Männern aktuell von verschiedenen Seiten zuteilwird, ist nicht mehr als der verzweifelte Versuch, wieder an positivere Bilder über Flüchtlinge anzuschließen und den rechten Hetzern etwas entgegenzusetzen, das diese ohnehin nicht mehr erreicht.

Dass ein AfD-Mann mit CDU-Parteibuch, der antimuslimische Hetzseiten „liked“, in Mecklenburg-Vorpommern nur geradeso als Justizminister verhindert werden konnte, während Seehofer sich mit Ungarns Zensurpremier und Vorzeigerassisten Viktor Orban im Landtag trifft, ist da schon interessanter, zeigt es doch, dass die Grenze zwischen CDU, CSU, AfD und Pegida mehr als fließend ist. Erinnern wir uns: das ist die CDU/CSU, die stets behauptete, nur mit Parteien über politische Inhalte streiten zu wollen, die auf dem Boden des Grundgesetzes stünden, was Kontakte zur Linken widerspräche.

Was jedoch die völlige Entmenschlichung des Spießbürgers zum hässlichen Deutschen in dieser schönen neuen Welt – der Enthemmung der Rassisten -aufzeigt, ist, was erst vor einigen Tagen im thüringischen Schmölln passierte:

Ein traumatisiertes Kind, das sich erst seit April in Deutschland aufhielt, kletterte auf sein Fensterbrett, wo es wohl einen Moment lang stehen blieb.

Alles, was dem dunkeldeutschen Pöbel einfiel, als dieser 15jähriger Somalier dort ausharrte, war zu gaffen, zu fotographieren und den Jungen zum Springen aufzufordern.

Dann setzte er seinem Leben ein Ende.

Na Donnerwetter. Das ist doch mal ein Abendland, dass es zu retten gilt.