Niedersachsen

Kirchen mahnen Änderungen bei Vertrag mit Muslimen an

In Niedersachsen sorgt der geplante Vertrag zwischen dem Land und den Verbänden der Muslime seit Monaten für kontroverse Diskussionen. Jetzt haben die evangelischen Kirchen ihre Stellungnahme dazu vorgelegt.

Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen haben den angestrebten Vertrag des Bundeslandes mit den Muslimen im Grundsatz begrüßt, in Einzelfragen aber Änderungen angemahnt. Angesichts einer „vibrierenden Stimmung“ in der Gesellschaft gegenüber dem Islam müsse der Rahmenvertrag bald kommen, sagte Landesbischof Ralf Meister am Mittwoch in Hannover als Ratsvorsitzender der Konföderation. „Wir haben ein grundlegendes Interesse an einem friedlichen Zusammenleben von Religionsgemeinschaften.“ Der Vertrag könne ein Beitrag zur Integration sein. Die Kirchen stellten eine von der Landesregierung angefragte Stellungnahme zu dem Vertrag vor.

Die islamische Gemeinschaft werde durch den Zuzug vieler Menschen aus dem arabischen Raum wachsen, sagte Meister: „Wir müssen eine Vereinbarung hinbekommen, die als Messlatte eine Linie markiert, unter der niemand mehr hindurchlaufen kann.“ Meister hofft auf eine breite Diskussion des Vertrages bis Ende 2016, damit er „möglichst überwältigend in unserer Gesellschaft akzeptiert wird“.

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In der Stellungnahme geben die Kirchen zu bedenken, dass die Religionsgemeinschaft Ditib mit dem türkischen Staat verbunden sei. Dieser dürfe jedoch auf die Ausübung der Religion in Deutschland keinen Einfluss nehmen. Ditib müsse deutlich machen, dass der Verband zu einer klaren Trennung von Religion und Staat in Deutschland stehe, sagte Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track.

Für die Schulen müsse der Vertrag sicherstellen, dass muslimische Schüler Gebete nur außerhalb der Unterrichtszeit sprechen dürften, betonte Gäfgen-Track. Beim islamischen Religionsunterricht müsse deutlich zudem sein, dass die Letztverantwortung beim Staat liege und nicht bei den Religionsgemeinschaften. Auch die Regelung für Gebetsmöglichkeiten müssten präziser gefasst werden. „Gebetsräume müssen grundsätzlich offen sein für Schülerinnen und Schüler aller Religionen“, unterstrich die Oberlandeskirchenrätin.

Ob und wie die islamischen Religionsgemeinschaften auf diese Stellungnahme reagieren werden, bleibt abzuwarten. Vor allem die Forderungen nach Regelung für Gebete oder die Letztverantwortung dürfte auf Kritik stoßen. Gebetsregelungen für christliche Schüler gibt es keine. Ebenso liegt die Letztverantwortung bei den Kirchen und nicht beim Staat. Warum sich die evangelische Kirche bei Muslimen für Sonderregelungen ausspricht, ist bislang unklar.

Im Blick auf Friedhöfe sehen die Kirchen ein Problem darin, dass Gräber in Niedersachsen für eine Ruhezeit von 30 Jahren vergeben würden. Die islamische Tradition sehe aber ewige Ruhezeiten vor. „Die finanziellen Risiken sind nicht geklärt“, sagte Oberlandeskirchenrätin Andrea Radtke.

Die rot-grüne Landesregierung hatte Mitte Dezember die bisherigen Entwürfe für Verträge mit den muslimischen Verbänden Ditib und Schura sowie mit der Alevitischen Gemeinde öffentlich gemacht. Sie verhandelt seit gut zwei Jahren mit den Verbänden. Unter den Landtagsfraktionen wird zum Teil heftig über die Verträge gestritten. Verträge mit den Muslimen gibt es bereits in Hamburg und Bremen. (epd/mig)