NPD-Verbotsverfahren

Warum sich Rassisten in diesem Land wohlfühlen können

Beim anstehenden NPD-Verbotsverfahren wird es im Ergebnis darum gehen, ob die NPD oder AfD gestärkt wird. Gewinnen wird Rassismus. Sie wird verwaltet oder verlagert aber nicht bekämpft – im Gegenteil. Von Ekrem Şenol

Das Bundesverfassungsgericht will in Sachen NPD-Verbot verhandeln. Im Ergebnis wird darüber entschieden werden, wohin NPD-Wähler ihr Kreuz in Zukunft machen. Wird die NPD nicht verboten, wird alles beim Alten bleiben; wird sie verboten, werden die Wähler sicher eine Alternative finden.

In jedem Falle wird die Situation nicht besser werden. Im Falle des Fortbestehens wird die NPD gestärkt aus dem Verfahren hervorgehen; sollte sie verboten werden, wird sich die AfD mit weit mehr Potenzial als die NPD die Hände reiben. So wird Rassismus verwaltet beziehungsweise verlagert aber nicht bekämpft.

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Dazu gehört die konsequente Verfolgung und Bestrafung von rassistischen Hasstriaden – ob im Internet, auf Papier oder gegrölt vor Flüchtlingsunterkünften. Dazu gehören gezielte Ermittlungen auch nach rechts. Dazu gehören unverzügliche Suspendierungen von Beamten, die rassistisch auffallen. Dazu gehört, dass Aufklärung von rassistisch motivierten Morden wichtiger sein muss als etwa der Schutz von V-Leuten oder das Behördenimage. Kurz: Dazu gehört das unmissverständliche Signal, dass rassistische Einstellungen in diesem Land nicht geduldet werden.

Was haben wir stattdessen?

Wir haben Verständnis für rassistische Einstellungen, die neuerdings unter dem Label „Besorgter Bürger“ firmieren. Wir haben gestandene Politiker bürgerlicher Parteien, deren Statements montagabends unverändert von Pegidisten übernommen werden. Wir haben nach wie vor eine in ihrer Dimension einmalige Serie von unaufgeklärten Mordfällen und Bombenanschlägen. Wir haben Geheimdienste, die eine Aufklärung dieser Verbrechen durch Informationszurückhaltung und –vernichtung verschleppen und verhindern. Wir haben Beamte in diesen Ämtern, deren Tun wie Unterlassen bis dato nicht einmal im Ansatz geahndet wurde. Wir haben ein Sicherheitsapparat, das für ihr „Versagen“ mit mehr Geld, mehr Personal und mehr Kompetenzen belohnt wurde. Wir haben gute Gründe für die Annahme, dass der NSU aus mehr als drei Mitgliedern bestand. Wir haben eine Bundesstaatsanwaltschaft, die keinerlei Interesse an einer umfassenden Aufklärung dieser Verbrechen zeigt. Kurz: Wir haben viele Gründe, warum sich Rassisten in diesem Land wohlfühlen können.

Jetzt nehmen wir für einen Moment an, die NPD wird verboten – oder auch nicht.