Hachja, was für ein Sonntag: Die Regierung aus CDU und CSU einigt sich in der Asylfrage ohne die SPD, nachdem die sich bereits früh aus den Gesprächen verabschiedet hatte, und verkauft das als großen Durchbruch – nachdem die SPD die nächste Wahl bereits abgeschrieben hat, gar nicht mal so weltfremd. Wer braucht schon noch Sozialdemokraten?
Geeinigt haben sich die Unionsparteien offensichtlich darauf, dass man Horst Seehofer zumindest so weit entgegen geht, dass nicht am 20. November das ganz dicke Ende kommt: Alexander Dobrindt beerbt Horst Seehofer.
So sollen zum Beispiel „Transitzonen“ geschaffen werden, die so ausgestaltet werden sollen, dass sie gerade so noch keine Hafteinrichtung seien. Und noch weitere Ideen haben die Unionsparteien aus der Blütezeit konservativ-völkischer deutscher Politik entlehnt: einen speziellen „Flüchtlingsausweis“ sollen die Migranten bekommen. Offensichtlich soll so der Eindruck verhindert werden, sie könnten allzu bald vollwertige Deutsche werden, mit einem deutschem Pass.
Natürlich will die Union auch die Beitrittsverhandlungen mit dem lupenreinen Demokraten Recep Tayyip Erdoğan und seinem sicheren Herkunftsland wieder aufnehmen. Spätestens nämlich seit der in der letzten Woche kritische Sender mit Kettensägen hatte stürmen und anschließend schließen lassen, gilt der antimodern-klerikale Autokrat der CSU als moderner Franz-Josef Strauß und damit praktisch als Heiliger. Dass er wie die CSU ein überreligiöses, von der Moderne weitgehend vergessenes Land mit absoluter Mehrheit an der bürgerlichen Öffentlichkeit seiner Großstädte vorbei regiert, sorgt sicher für zusätzliche Sympathien.
Durch diese Vertiefung der diplomatischen Beziehungen zur Türkei sollen ja bekanntlich Flüchtlinge von Europa „abgewehrt“ werden. So machen sich Stimmen in der CSU zum Beispiel bereits für eine flächendeckende Ausländermaut in der Türkei stark, um so verarmte Kriegsflüchtlinge – im Unions-Jargon „Wirtschaftsflüchtlinge“ – mit finanziellen Mitteln von der Flucht abzuhalten. Einfach, weil sich sowas immer besser verkaufen lässt, als gleich Panzer auffahren zu lassen.
Das muss ja auch die AfD gerade erfahren: Die hat sich von der Rhetorik der Union anstecken lassen und das Wort Seehofers, man müsse Flüchtlinge „bis zur letzten Patrone“ bekämpfen, erneut aufgegriffen. Etwas diplomatischer hat er sich zwar schon ausgedrückt, der NRW-Landesvorsitzende Pretzell, nämlich so, dass Waffengewalt als Ultima Ratio zur „Verteidigung der deutschen Grenzen“ eine Selbstverständlichkeit sein müsse, wenn es nu gar nicht anders ginge. Aber der Pretzell ist eben auch in der AfD, und da muss man vorsichtig sein, da darf man sowas nicht sagen. In der AfD gibt es nämlich Nazis und wenn man sowas sagt, dann gilt man ganz schnell als solcher Nazi. Wenn man Vergleichbares sagen will, muss man schon Seehofer heißen, um über jeden antidemokratischen Zweifel erhaben zu sein. Denn wer in der Union ist, ist schließlich ein Menschenrechtsaktivist per se, dann kann man auch sagen, was man denkt. Und wenn man nicht denkt, sagt man eben, Flüchtlinge müssten „bis zur letzten Patrone“ bekämpft werden. Ein Huch! auf die Demokratie!