Flüchtlingspolitik

Geplante Asyl-Gesetze unter Beschuss

Bundesregierung und die Länder sind sich einig in der Flüchtlingspolitik: mehr Geld und drastische Verschärfungen. Das stößt in den Ländern auf Lob, bei Opposition und Verbänden auf Kritik.

Ländervertreter haben am Freitag einstimmig die Verständigung mit dem Bund über die Kosten der Flüchtlingsversorgung begrüßt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete die von der Bundesregierung angebotene Pauschale über 670 Euro monatlich pro Flüchtling als großzügig. Zudem sei ein dynamisches System vereinbart worden – „ganz in unserem Sinne“, sagte er in Hannover. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, man habe einen Riesenschritt nach vorn gemacht. Die Grünen und Flüchtlingsorganisationen äußerten sich indes besorgt über die ebenfalls vereinbarten Verschärfungen für Asylbewerber.

Nach monatelangem Ringen hatten Bundesregierung und Ministerpräsidenten am Donnerstagabend Vereinbarungen in der Flüchtlingspolitik erzielt. Der Bund steigt demnach künftig in die Finanzierung ein: Er will die Pauschale über 670 Euro pro Flüchtling solange zahlen wie das Asylverfahren dauert. Je mehr Flüchtlinge kommen und je länger die Verfahren dauern, desto mehr Kosten fallen auch für ihn an.

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Zusätzlich hat die Bundesregierung weitere 350 Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und 500 Millionen Euro pro Jahr für den sozialen Wohnungsbau angeboten. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betonte in diesem Zusammenhang, dass es nicht darum gehe „Flüchtlingswohnungsbau“ zu betreiben, sondern „sozialen Wohnungsbau für alle“. Die Bedürfnisse der hier lebenden Bevölkerung sollten nicht vergessen werden. Dies gelte nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für den Arbeitsmarkt. Gabriel erklärte, es dürften nicht nur Schutzsuchende für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden. Schließlich gebe es in Deutschland „immer noch zu viele Langzeitarbeitslose“.

Insgesamt rechnet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) 2016 mit Mehrbelastungen von mehr als vier Milliarden Euro für den Bundeshaushalt. Dazu kommen noch eigene Ausgaben etwa für Sozialausgaben und Arbeitsmarktprogramme für Flüchtlinge. Die Koalition hatte dafür drei Milliarden Euro angesetzt.

Kritik am Beschluss des Flüchtlingsgipfels kam aus den Kommunen. Auch künftig würden die Städte, Gemeinden und Landkreise nicht direkt vom Bund finanziell entlastet, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe). Es bestehe die Gefahr, dass die Länder die Kommunen nicht angemessen beteiligen.

Widerstand gab es zudem gegen das Gesetzespakt, auf das sich Bund und Länder am Donnerstag ebenfalls geeinigt hatten. Es sieht eine Reihe von Verschärfungen vor, die schnelle Asylverfahren garantieren und abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise bewegen sollen. So sind unter anderem Einschnitte bei den Sozialleistungen für ausreisepflichtige Ausländer und eine Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Albanien, Montenegro und Kosovo geplant.

Die Einstufung eines Staates wie dem Kosovo als sicher, in dem im Rahmen des KFOR-Einsatzes internationale Soldaten zur Friedenssicherung eingesetzt sind, sei absurd, sagte „Pro Asyl“-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte mit Blick auf die Pläne bei den Sozialleistungen: „Ich frage mich, ob das verfassungsfest ist.“

Das Gesetzespaket, das maßgeblich im Bundesinnenministerium erarbeitet wurde, soll nun im verkürzten Verfahren durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden, um bereits am 1. November inkraft treten zu können. Tempo machen Bund und Länder jetzt auch beim Gesetz zur besseren Verteilung minderjähriger Flüchtlinge. Auch diese Regelung soll im November in Kraft treten.

Die Pläne von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sehen vor, minderjährige künftig wie erwachsene Flüchtlinge auf die Bundesländer zu verteilen. Zudem stellt das Gesetz klar, dass auch junge Flüchtlinge Zugang zu den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe haben. Angesichts der hohen Einreisezahlen müsse schnell gehandelt werden, sagte Schwesig anlässlich der ersten Beratung des Gesetzes in Bundestag und Bundesrat am Freitag.

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte am Freitag Verbesserungen am Gesetzentwurf im Blick auf das Kindeswohl. Eine Umverteilung dürfe nur möglich sein, wenn sie dem Kindeswohl diene und mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen geschehe. (epd/mig)