Critical und Incorrect

Burka Avenger – Aufregung um einen pakistanischen TV-Comic

Das kann doch nicht wahr sein! So oder so ähnlich lässt sich die Reaktion der meisten Medien in Deutschland und darüber hinaus beschreiben, die sich des Themas einer pakistanischen TV-Serie angenommen haben.

Burka-Avenger“, die „Burka-Rächerin“, heißt die Animations-Zeichentrickserie, in der eine Lehrerin regelmäßig in die Kluft einer Burkaträgerin schlüpft, um dann akrobatisch und mit Büchern und Stiften bewaffnet für Recht und Ordnung zu sorgen.

Dabei entspricht sie genau dem Muster ähnlicher Superheldenstories von Catwoman über Spiderman bis hin zum Urmotiv des Superman, in denen eine eher unscheinbare Person durch das Anlegen eines Helden-Outfits übernatürliche Kräfte erhält und gegen das Böse in der Welt zu Felde zieht. Das Böse in Pakistan ist der Einfluss der Taliban, die unter anderem die Schulbildung von Mädchen ablehnen.

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Genau an diesem wunden Punkt setzt die Serie an, die von Popstar Aron Haroon Rashid initiiert wurde und über deren Hauptsponsor er nichts verraten mag. Während Rashid auch immer wieder sich selbst und seine Musik gut in Szene zu setzen weiß, fordert und fördert er zu recht die Bildung. Dabei greift seine Meinung, dass man mit Bildung alles erreichen könne, jedoch arg zu kurz in einem Land, in dem die familiäre und soziale Herkunft nach wie vor alles bestimmt. Auch durch Bildung ist die ererbte Zuweisung nicht zu überwinden. Einen gesellschaftlichen Aufstieg durch Ausbildung und Fleiß gibt es praktisch nicht – ein Quell für viele Frustrationen in dem Land, dessen Schicksal neben dem Einfluss von Taliban auch durch die reiche Herrscherschicht nicht immer zum Guten geführt wird.

Die Burka bzw. den Tschadri als Verkleidungselement der Superheldin zu wählen, stößt teils auf Verwunderung, teils auf Ablehnung. Sowohl Menschenrechtler als auch Fundamentalisten sind empört über den „Missbrauch“ dieses Symbols für die Beherrschung der Frauen. Entgegen Haroons Meinung, dass er ein landesübliches Kleidungsstück wählen wollte, um die Akzeptanz der Heldin zu forcieren, spricht jedoch, dass dieses Kleidungsstück gar nicht so landesüblich ist. Allenfalls im Westen des Landes, in der Gegend um Peschawar, in der Nähe der afghanischen Grenze ist die Ganzkörperverschleierung normaler Teil des Straßenbildes. Im Zentrum, etwa in der aktuellen Hauptstadt Islamabad oder der ehemaligen Hauptstadt Rawalpindi, wie auch im Landesosten, herrscht jedoch eher ein indisch anmutendes Outfit als übliche Frauenbekleidung vor oder das beliebte Shalwar Kamis, eine Hose mit einem passenden Oberteil und einem Schal, der locker über die Schultern und eventuell auch die Haare gelegt wird.

Wahrscheinlich oder hoffentlich wird die Kleidungsdebatte bald verdrängt durch die inhaltlichen Aspekte und die starken sozialen Botschaften der Sendung, die von der Frauenbefreiung bis hin zum Umweltschutz und weit darüber hinaus reicht. Dass eine solche TV-Produktion einen Spiegel sozialer Debatten darstellt, entspricht ebenfalls den Üblichkeiten des Genres, wie auch, dass mit Humor und Übertreibung gearbeitet wird. Den Kindern gefällts.