Beschneidungsverbot

Deutscher Sonderweg

Deutschland folgt einem Sonder- und Abweg. Wer künftig hierzulande seine Religion ausüben will, muss das Land verlassen: ein verlockend schöner Gedanke für Rechtsextremisten und xenophobe Bürger.

Religiöse Werte sollten ausnahmslos mit den Gesetzen des Landes übereinstimmen, in dem sie praktiziert werden. Doch während sich in Deutschland das Recht auf körperliche Unversehrtheit und individuelle Religionsfreiheit über 60 Jahre austariert hatten, brachte das Kölner Amtsgericht mit dem Beschneidungsverbot das Gleichgewicht erheblich ins Schwanken.

Darüber hinaus greifen die Richter auch tief in das allgemeine Erziehungsrecht der Eltern ein. Diese werden als böse Handlanger der Religion dargestellt, die ihre Kinder mutwillig verstümmeln.

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Ihr Urteil reißt nicht nur die Privatsphäre von religiösen Familien auf, sondern macht nun auch Platz – neben der rechtlichen Ächtung – für eine breite gesellschaftliche Kampagne gegen Muslime und Juden.

Eine 2000-jährige Tradition sollte jedoch nicht per Gerichtsurteil aufgehoben werden. Die Religion muss in sich selbst eine Antwort auf die Fragen der Gegenwart finden, die nicht erst durch ein Beschneidungsverbot aufgekommen sein mögen. Sie allein kann ihre Wertvorstellungen ändern; ein Verbot und äußere Zwänge werden jedoch immer als Angriff auf die Religionsfreiheit gewertet.

Außerdem gilt nun für die zahlreichen religiösen Muslime und Juden hierzulande: Wollen sie ihrer Religion und Neigungen folgen, müssen sie mit Strafen rechnen; folgen sie hingegen dem Urteil, brechen sie religiöse Werte. Ein Dilemma, das aufgehoben werden kann, indem sie Deutschland verlassen – ganz egal wohin. Ein verlockend schöner Gedanke für Rechtsextremisten und xenophobe Bürger.