Norbert Lammert

Migranten sollten keine Organisationen gründen, in der sie unter sich bleiben

Was sollte man tun, damit Integration gelingt, wo liegen die Hürden, was sollten Migranten nicht tun? Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) macht den Auftakt der wöchentlichen MiGAZIN Interview-Reihe: „Warum engagieren Sie sich für Integration in Deutschland?“

Andreas Wojcik: Warum engagieren Sie sich für Integration in Deutschland?

Norbert Lammert: Weil wir das gemeinsame Interesse haben, dass Menschen mit und ohne Migrationshintergrund nicht nebeneinander, sondern miteinander in unserer Gesellschaft leben.

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Wojcik: Was sollen andere (Menschen, Organisationen) tun, damit Integration gelingt?

Lammert: Eine wechselseitige Aufgeschlossenheit zwischen Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugungen und mit unterschiedlicher kultureller Herkunft ist notwendig. Wichtig ist, dass tatsächlich auf beiden Seiten die Bereitschaft besteht, zuzuhören, dazuzulernen und unterschiedliche Überzeugungen wechselseitig zu respektieren. Nur dann hat der Dialog auch Aussicht auf Erfolg. Stattfinden muss er letztlich überall dort, wo Menschen mit unterschiedlicher Überzeugung und Herkunft aufeinandertreffen: in Schulen, Vereinen, Universitäten, am Arbeitsplatz. Und beginnen kann man damit schon im Kindergarten.

Wojcik: Wo liegen Ihrer Meinung nach noch konkret die Hürden?

Lammert: Integration kann nur gelingen, wenn neben ökonomischen und sozialen auch kulturelle Mindestvoraussetzungen für das Zusammenleben sichergestellt sind. Es ist ja im Übrigen auch kaum noch umstritten, dass die Gemeinsamkeit der Sprache eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Voraussetzung für gelebte Multikulturalität ist, die Verständigung ermöglicht und damit friedliches Zusammenleben fördert. Auch wenn die Einsicht da ist, die Umsetzung muss noch besser gelingen.

Wojcik: Welche Aufgaben sollten Europa, Bund, Länder und Kommunen übernehmen?

Im zweiten Teil dieser Interviewreihe (10. August) beantwortet Aygül Özkan (CDU), Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen, die Fragen.

Lammert: Jede Gesellschaft benötigt einen Mindestbestand an gemeinsamen Überzeugungen und Orientierungen. Kein politisches System kann ohne kulturelles Fundament gemeinsam getragener Überzeugungen seine innere Legitimation aufrechterhalten. Aufgabe der Politik auf allen Ebenen ist es, genau dafür immer wieder einzutreten – wobei sie die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteure dringend braucht. Nur was vor Ort selbstverständlich geworden ist, kann auch im ganzen Land und in der europäischen Gemeinschaft gelingen.

Wojcik: Was sollten sie nicht tun?

Lammert: Weitere selbständige Organisationen gründen, in der Migranten unter sich bleiben.

Wojcik: Welche Erlebnisse und Erfahrungen haben Sie mit dem Thema Integration?

Lammert: Viele – und ganz unterschiedliche. Ich komme aus dem Ruhrgebiet, einer Region die durch Zuwanderung erst wirklich entstanden und bis heute stark durch sie geprägt ist. Mein Erleben ist, dass nicht nur das Ruhrgebiet, nicht nur Deutschland, sondern Europa – bei allen Schwierigkeiten – der Begegnung der Kulturen unendlich viel verdankt. Und dass Zusammenleben möglich ist, wenn man es will – auf beiden Seiten.