Videobotschaft

Merkel: Integration als Maßnahme der inneren Sicherheit

Bundeskanzlerin Angela Merkel verknüpft Integrationspolitik mit der inneren Sicherheit. Denn Straftaten jugendlicher Migranten seien „besonders hoch“. Der Kriminologe Christian Pfeiffer weist diesen Zusammenhang zurück.

„Wir müssen akzeptieren, dass die Zahl der Straftaten bei jugendlichen Migranten besonders hoch ist.“ Mit diesen Worten kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag per Videobotschaft ihre Teilnahme am Innenministerkonferenz in Frankfurt an. „Ich habe mir diesen Besuch vorgenommen, um mit den Länder-Innenministern über die Situation der inneren Sicherheit in unseren Städten und Ländern zu sprechen. Insbesondere auch im Blick auf die Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Integration in Deutschland bewegen“, so Merkel.

In ihrem knapp dreiminütigen Redebeitrag verzahnte sie Gewalt mit Integration von ausländischen Jugendlichen derart, dass Begriffe wie Jugendgericht, Staatsanwaltschaft, Polizei, Camp, Gewalt, Straftat, Straftäter, Sicherheit insgesamt 14 Mal fielen.

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Bildung, das eigentliche Versagen unseres Systems
Diesen Zusammenhang wies der Kriminologe Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, zurück. „Es ist politisch falsch, die Gewaltprävention beim Thema Integration so stark in den Mittelpunkt zu rücken“, sagte Pfeiffer der dpa. „Nur ein kleiner Prozentsatz der Migranten ist gewalttätig.“ Außerdem sinke Jugendkriminalität seit zehn Jahren, besonders deutlich bei Migranten. „Die Kriminalitätsprävention läuft erfolgreich“, betonte Pfeiffer. „Es gibt keinen Anlass, die Gewaltbereitschaft der Migranten als zentrales Problem zu benennen.“

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So sieht es auch die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özoğuz: „Natürlich ist Jugendkriminalität und Gewalt ein Problem, das es nicht zu verharmlosen gilt. Sich hier wie Frau Merkel ausschließlich auf jugendliche Migranten zu fokussieren, wird der Realität nicht gerecht.“ Merkels Sprache und Politik sprechen laut Özoğuz eine andere Sprache. „So hat die schwarz-gelbe Bundesregierung unter anderem bei den ‚Soziale Stadt‘-Projekten oder bei der Arbeitsmarktförderung, die vor allem sozial benachteiligten Jugendlichen eine Perspektive gegeben haben, drastisch gekürzt. Diese Kürzungen im sozialen Bereich konterkarieren das angebliche Ziel der Bundesregierung, Integration zu fördern“, so Özoğuz.

Auch nach Pfeiffers Überzeugung geht Kriminalität mit besseren Chancen von alleine zurück. Nicht die Kriminalprävention müsse im Vordergrund der Integrationspolitik stehen, sondern Bildungspolitik. „Die Schulabbrecherquote muss verringert werden. Das ist das eigentliche politische Versagen unseres Systems“ führ Pfeiffer fort. Denn in Norddeutschland seien 54 Prozent der türkischstämmigen Jugendlichen auf dem Weg zum Abitur oder dem Realschulabschluss, im Süden nur 25 Prozent. (bk)