Für die doppelte Staatsbürgerschaft und das kommunale Wahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer plädiert die SPD im „Positionspapier Integration“, das am Freitag auf der Jahresauftaktklausur in Magdeburg vorgestellt wurde. Der Grundsatz, doppelte Staatsangehörigkeit zu vermeiden, sei historisch überholt und schon heute von vielen Ausnahmeregelungen durchbrochen: „In rund 53 Prozent aller Fälle wird die doppelte Staatsangehörigkeit hingenommen. Das führt zu Ungleichbehandlungen“, heißt es in dem Papier.
Kommunales Wahlrecht
Integration sei ein wechselseitiger Prozess. Jeder Einzelne müsse sich einbringen, aber die Gesellschaft müsse das auch ermöglichen. Deshalb fordert die SPD das kommunale Ausländerwahlrecht. Mit dem Maastrichter Vertrag von 1992 haben EU-Bürgerinnen und -Bürger das Wahlrecht auf kommunaler Ebene bekommen. „Wir fordern dieses Recht auch für langjährig hier lebende Ausländer aus Nicht-EU-Staaten“, so die Sozialdemokraten.
Integration sei von herausragender Bedeutung für die Zukunft. Angst und Unsicherheit dürften dabei nicht ausgeblendet werden. Klar sei, dass jeder sich an die Gesetze zu halten habe. „Bei Zwangsverheiratung, Kriminalität und häuslicher Gewalt gibt es keine Toleranz. Das ist ebenso klar wie selbstverständlich. Und gilt für alle, die hier leben. Aber wir lassen nicht zu, dass solche Phänomene genutzt werden, um die Mehrheit der Migrantinnen und Migranten zu diffamieren“, so die SPD.
Chancengleichheit und Antidiskriminierung
Schwierigkeiten bei der Integration hätten „nicht nur mit der Herkunft zu tun. Zwar spielt die eine Rolle. Integrationsprobleme hätten aber auch andere Gründe“, so die Sozialdemokraten. Eine deutsche alleinerziehende Mutter ohne Schulabschluss kämpfe häufig mit ähnlichen Problemen wie ihre türkische Nachbarin, die sich ohne Ausbildung und Partner um ihre Kinder kümmern müssten. Daher müsse man über fehlende Perspektiven sprechen, über mangelnde Bildung und Ausbildung, Arbeitslosigkeit und Armut.
Daher wolle sich die SPD für bessere Bildungs- und Berufschancen von Migranten einsetzen und eine konsequente Antidiskriminierungspolitik verfolgen. Denn Integration beginne mit einem Zugehörigkeitsgefühl. „Es geht um die Identität der Menschen, die zu uns kommen, aber auch um die Identität der aufnehmenden Gesellschaft“, so die SPD. Wer in Deutschland leben möchte, solle sich einbringen. Allerdings sei die Mehrheitsgesellschaft genauso gefordert. Interkulturelle Öffnung sei gefragt und niemand dürfe sich vor dieser Verantwortung drücken.
Maximal 1,5 Prozent verweigern Integration
Dem Vorwurf der Bundesregierung, es gebe zehn bis 15 Prozent Integrationsverweigerer erteilte die SPD bereits in ihrem „Entwurf für ein SPD-Fortschrittsprogramm“ im Vorfeld der Klausurtagung eine Absage. „Das Migrationsbundesamt und eine Umfrage unter den Bundesländern hat die Mär vom integrationsunwilligen Ausländer widerlegt. Die Zahl der Integrationsverweigerer liegt nicht bei 10 bis 15 Prozent, wie vom Bundesinnenminister behauptet, sondern bei höchstens einem bis eineinhalb Prozent, in manchen Regionen liegt sie sogar im Promillebereich“, heißt es in dem Papier. (bk)