Berliner Integrationsgesetz

Migranten der dritten Generation werden ausgeschlossen

Vom Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz sollen Migranten der dritten Generation nicht profitieren. Geht das von der rot-roten Regierungskoalition Gesetz der SPD und Linkspartei selbst zu weit?

Bisher hat jeder vierte Einwohner in Berlin einen sogenannten Migrationshintergrund. Nach dem Willen der rot-roten Regierungskoalition soll diese Zahl künftig deutlich nach unten korrigiert werden. Denn laut Begriffsdefinition des Partizipations- und Integrationsgesetzes werden die deutschen Kinder von in Deutschland geborenen Ausländern oder Eingebürgerten – also die 3. Generation – von den Chancen, die das Gesetz bieten soll, ausgeschlossen.

Als Begründung führte die Senatsverwaltung im September aus, dass dieses Konzept davon ausgeht, dass Menschen, „die hier geboren und aufgewachsen sind, sich weitaus mehr als ihre Eltern und Großeltern als Teil dieser vielfältigen Gesellschaft begreifen und nicht mehr so stark mit den Problemen konfrontiert sind, die mit Einwanderung einhergehen können“.

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§ 4 Abs. 4 Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz: Der Senat strebt die Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung an. Bei Stellenausschreibungen ist darauf hinzuweisen, dass Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund, die die Einstellungsvoraussetz- ungen erfüllen, ausdrücklich erwünscht sind.

Auf der anderen Seite sei ohne das Gesetz eine chancengleiche Teilhabe in den gesellschaftlich relevanten Bereichen nicht erreichbar. „Es bestehen Zugangsbarrieren, die es abzubauen gilt“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Denn Migranten würden „strukturell benachteiligt“. „Deutsche zum Beispiel türkischer oder arabischer Herkunft gelten für viele nicht als ‚richtige Deutsche‘. Sie müssen immer noch hören ‚Du sprichst aber gut deutsch‘. In der Schule wird ihnen nur aufgrund ihrer Herkunft unterstellt, Sprachschwierigkeiten zu haben. Auf dem Wohnungs‐ und Arbeitsmarkt haben sie weniger Chancen“, heißt es in einer Stellungnahme der Senatsverwaltung für Integration vom September. Kurz: Menschen mit Migrationshintergrund werden unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft wegen ihres ausländisch klingenden Namens und ihres Aussehens benachteiligt.

Nicht nachvollziehbar
Weshalb dann ausgerechnet die junge dritte Generation von den Chancen, die das Gesetz bieten soll, ausgeschlossen wird, ist für die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram nicht nachvollziehbar. Ausgerechnet diese Gruppe würde bestraft „nach dem Motto, die werden zwar am meisten diskriminiert – das wurde auch in unterschiedlichen Studien bereits herausgefunden –, aber das geht nicht, weil unsere Leute gesagt haben, das wollen wir nicht“.

Migrantenkinder, die von Geburt an deutsche Staatsbürger sind, haben...
    weiterhin einen Migrationshintergrund. (78%)
    keinen Migrationshintergrund mehr. (22%)
     
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    Enttäuscht zeigt sich auch das Forum der Brückenbauer, ein Netzwerk von Führungskräften aus Migrantenverbänden: „Ziel war es ursprünglich, vorhandene Benachteiligungen abzubauen. Selbstverständlich sollte es dann sein, dass alle Betroffenen von einem solchen Gesetz profitieren. Alle, die nicht die gleichen Teilhabechancen haben, wie ihre Mitmenschen, weil sie anders aussehen, einen ‚komisch‘ klingenden Namen haben oder schlichtweg der deutschen ‚Norm‘ nicht entsprechen. Mit der ‚Wegdefinition‘ des Migrationshintergrundes der dritten Generation stellt sich uns nun die Frage, ob die Politik wirklich daran glaubt, dass die Teilhabeprobleme der dritten Generation durch die kreative Umdefinition, wie durch Zauberhand, gelöst sind.“ (es)