ARB 1/80

Die Rechte türkischer Staatsbürger konsequent weiter gestärkt

Der Europäische Gerichtshof stärkt erneut die Rechte türkischer Staatsbürger. Kinder türkischer Arbeiternehmer dürfen in Deutschland bleiben und arbeiten, wenn sie hier ausgebildet wurden – unabhängig davon, ob sie zuvor in die Heimat zurückgekehrt sind.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seine bisherige Rechtsprechung konsequent fortgeführt und erneut die Rechte türkischer Staatsbürger gestärkt. „Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war“, so das EuGH. Dies gelte auch dann, wenn das Kind zuvor mit seinen Eltern in die Türkei zurückgekehrt sei.

In dem vorliegenden Fall ging es um eine junge Türkin, die 1975 in Berlin geboren wurde und bis zu ihrem 14. Lebensjahr mit ihren Eltern in Deutschland lebte, ehe sie 1989 gemeinsam mit ihren Eltern in die Türkei zog. Zehn Jahre später kehrte sie nach Berlin zurück und nahm ein Studium auf. Nachdem sie im Sommer 2005 ihr Studium mit dem Grad „Diplom-Ingenieurin“ abgeschlossen hatte, beantragte sie eine „Aufenthaltserlaubnis als Kind eines türkischen Arbeitnehmers“.

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Ihr Antrag wurde ihr vom Land Berlin abgelehnt. Ein Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt bestünde nur, wenn bei Beginn der Berufsausbildung in Deutschland wenigstens ein Elternteil noch in der Bundesrepublik gelebt hätte. Die anschließende Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Klage sei unbegründet, weil die Rechte der Klägerin infolge ihres langjährigen Aufenthalts in der Türkei erloschen sei.

ARB 1/80 soll Integration fördern
Dieser Begründung folgte das EuGH nicht und verwies auf den Beschluss des Assoziationsrats zwischen der Türkei und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ARB 1/80). Dabei hob der Gerichtshof hervor, dass dieser Beschluss unter anderem den Zweck habe, „allmählich die Integration der türkischen Staatsangehörigen im Aufnahmemitgliedstaat“ zu „fördern“.

In diesem Zusammenhang begrüßten zahlreiche Experten die Entscheidung des EuGH und verwiesen auf „Unstimmigkeiten in der Integrationspolitik der Bundesregierung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung zahlreiche Rechte aus dem Beschluss des Assoziationsrats auch zu Lasten von türkischen Akademikern auslege. Auf der einen Seite „buhle“ man um ausländische Akademiker und verlange von Ausländern in Deutschland Bildung und Qualifikation. Auf der anderen Seite mache man ihnen das Leben schwer.

Auch widerspreche sich die Bundesregierung in einem anderen Punkt: Wie sollten Loyalität und Heimatgefühle entstehen, wenn Deutschland mehr ein Gefühl von „gerichtlich angeordnetem Aufnehmenmüssen“ vermittelt als ein „Willkommen“?