Türkische Presse Europa

06. und 07.12.2009 – Minarett-Verbot, Visum, Integration

In den Europaausgaben türkischer Tageszeitungen liegen die Schwerpunkte beim Minarett-Verbot in der Schweiz. Außerdem werden Integrationspolitische Themen behandelt sowie die Visumspflicht für türkische Staatsbürger, die in die Bundesrepublik einreisen möchten.

06.12.2009

Integrationsgipfel in Berlin
Die TÜRKIYE berichtet über ein geplantes Treffen der Integrationsbeauftragten und – Integrationsminister der Länder in Berlin. Auf der Tagesordnung stünden diverse integrationspolitische Themen. Die TÜRKIYE kritisiert, dass Deutschland von Migranten immer wieder Integration fordere, wenn es aber darum gehe, selbst zu handeln, lasse man gerne schleifen. So sei im Punkto „Anerkennung ausländischer Qualifikationen“ immer noch nichts konkretes in Sicht.

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Minarett-Verbot in der Schweiz
Auch heute nehmen Meldungen im Zusammenhang mit dem Schweizer Volksentscheid zum Minarett-Verbot breiten Raum ein. So berichten SABAH, TÜRKIYE und MILLIYET, dass ein Minarett-Verbot in Deutschland keine Chance hätte. Die Zeitungen berufen sich auf eine Umfrage der Bild am Sonntag. Besonders auffallend sei, dass Menschen mit Hochschulbildung und Grünen-Wähler gegen ein Verbot seien. Über 65jährige SPD-Wähler hingegen, würden ein Verbot befürworten.

Der Schweizer Präsident Hand Rudolf Merz, habe sich laut HÜRRIYET überrascht über die Ergebnisse der Volksabstimmung gezeigt. Regieren bedeute auch, dass man voraussehe. Das Ergebnis allerdings, habe man nicht einmal erahnen können. Man werde das Verbot mit kühlem Kopf analysieren.

Der aktuelle Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Bekri Alboga, habe auf eine Konferenz zum Minarett-Verbot gesagt, dass derartige Verbote die Angst der Menschen gegenüber dem Islam nur noch verstärken. Er habe die Frage gestellt, wie Integration gelingen könne, wenn das Volk nicht einmal mit vier Minaretten klarkomme (SABAH).

„Wie eine Drohung ermahnt Iran die Schweiz“, titelt die MILLIYET und räumt den Worten des iranischen Außenministers Mutaki Raum ein. Dieser habe seiner schweizer Kollegin gesagt, dass das Verbot nicht in die Praxis umgesetzt werden dürfe. Ansonsten müsse die Schweiz mit den Folgen leben.

Patient nach Hause geschickt wegen fehlenden Deutschkenntnissen
Der Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Gesundheitsstiftung, Dr. Yasar Bilgin habe gesagt, dass türkische Patienten nicht nach Hause geschickt werden dürften, nur weil sie nicht deutsch sprechen. Wenn die Patienten kein deutsch könnten, müssten die Krankenhäuser Personal haben, die türkisch sprechen. Auch habe er darauf hingewiesen, dass muslimischen Patienten ein Imam zur Verfügung stehen müsse, wenn sie kein Chance auf weiterleben hätten. Er habe auf einer Konferenz gesprochen zum Thema: „Internationale Krankenhäuser – Chancen und Herausforderungen“. (SABAH)

Visumspflicht ist eine große Ungerechtigkeit
HÜRRIYET berichtet über den Vorsitzenden der türkischen Handelskammer in Corlu. Dieser habe nur mit Hilfe des Vorsitzenden der Münchner Handelskammer, Greipl, nach Deutschland einreisen können, da er kein Visum erhalten habe für ein Veranstaltung der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer. Die Visumpflicht für Türken sei eine große Ungerechtigkeit, so der Gast aus der Türkei. Deutsche würden in die Türkei einreisen und ihre Ware verkaufen. Türken dürften das nicht. Was sei das für ein Freihandel, was für eine Zollunion?

Auf der selben Veranstaltung habe auch der Vorsitzende der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, Dr. Rainhardt Freiherr von Leoprechting gesprochen. Er habe gesagt, dass die Türkei für Europa eine große Chance ist. Die Türkei sei ein sehr reiches Land und könne die EU unterstützen, so in der TÜRKIYE.

07.12.2009

Deutschland steht Minaretten gemäßigt gegenüber
Unter dieser Schlagzeile berichtet die ZAMAN über eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag. Laut Umfrageergebnissen sei ein Großteil der deutschen Bevölkerung gegen ein Minarett-Verbot. Damit habe Deutschland – in der über 200 Minaretten stünden – den Schweizern eine Lektion in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Religionsfreiheit erteilt.

„Das Minarett-Duett“ titelt die SABAH und macht auf eine weitere Aktion der Bild am Sonntag Zeitung aufmerksam. An der Mannheimer „Yavuz Selim Moschee“ habe ein Imam und ein christlicher Geistlicher gemeinsam am Minarett sich für den Dialog ausgesprochen.

Unterdessen habe im niederländischen Amsterdam eine Moschee mit zwei Minaretten ihre Tore geöffnet. „Schämen sollen sich die Nein-Sager“, heißt die Überschrift zum Artikel in der SABAH. In der TÜRKIYE ist zu lesen, dass in Duisburg der Grundstein für eine Moschee mit zwei Minaretten gelegt wurde. An der Zeremonie habe unter anderem Bürgermeister Sauerland teilgenommen.

Die schweizer Außenministerin Micheline Calm-Rey, berichtet die SABAH, habe gesagt, dass Provokateure das Minarett-Verbot nun nutzten, um auch ein Burka-Verbot oder ein Verbot für muslimische Friedhöfe in die Wege zu leiten. Laut TÜRKIYE habe sie betont, dass man aus diesem Volksentscheid die Lehren ziehen müsse.

Integrationsvertrag ist ein schizophrenes Unterfangen
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa habe der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Memet Kilic den von der Bundesregierung geplanten Integrationsvertrag kritisiert. Er frage sich, weshalb die Bundesregierung sich mit derart abwegigen Themen beschäftige. Außerdem habe er gesagt, dass man erneut die Debatte um eine Leitkultur anstoßen wolle.

Jugendämter
In einem ganzseitigen Bericht ist in der ZAMAN über die „unbekannten Seiten“ der Jugendämter zu lesen. Insbesondere in türkischen Familien sei das Jugendamt eines der meistgenannten Ämter. Dennoch würden viele weder die Rechte noch die Pflichten dieses Amtes kennen. So dürfe das Jugendamt ohne Gerichtsentscheidung das Kind der Familie nicht entreißen. Laut Gesetz müssten Jugendämter die kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergründe der in Obhut genommenen Kinder berücksichtigen.

Muslime gründen Partei
Einer Meldung der MILLIYET zufolge haben Muslime in Dänemark eine Partei gegründet. Trotz gesammelten 20.000 Unterschriften dürfe die Partei erst in zwei Jahren an den Wahlen teilnehmen.