Türkische Presse Europa

20.11.2009 – Gebet, Integration, Ausweisung, Studien

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen beschäftigen sich unter anderem mit dem Streit um das Gebet an Berliner Schulen und dem islamfeindlichen Angriff auf eine muslimische Studentin in Göttingen. Überdies werden zwei Studien über Integration und Migration vorgestellt. Weitere Themen sind Ausweisungen, Migrantenorganisationen, Bildungschancen von Migrantenkindern u.v.m.

Gebet in der Schule: Berlin klagt gegen das Urteil des VG Berlin
Der Streit um das Gebet an Berliner Schulen geht in eine neue Runde. Der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) gab bekannt, dass das Land Berlin Berufung gegen das Urteil vom September einlegt hat. Das Urteil habe über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Schulen in Berlin, heiße es zur Begründung. (ZAMAN, MILLIYET, SABAH)

Islamfeindlicher Angriff auf Muslimin in Göttingen
In Göttingen ist eine deutsch-muslimische Studentin mit syrischem Migrationshintergrund wegen ihres Kopftuches von vier unbekannten Tätern angegriffen und verprügelt worden, berichten TÜRKIYE, MILLIYET und ZAMAN. Die MILLIYET erinnert an den Mord an die Ägypterin Marwa El-Sharbini im Dresdener Landgericht.

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Türkischstämmige fühlen sich unerwünscht
45 Prozent der Türkischstämmigen glauben, dass sie in Deutschland nicht erwünscht sind; 42 Prozent will in die frühere Heimat der Elterngeneration zurückkehren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Meinungsforschungsinstitute Info GmbH und Liljeberg Research, berichten die MILLIYET und SABAH. Gerade junge Türken würden sich im privaten Bereich stärker den traditionellen Werten zuwenden. Für 93 Prozent der Befragten sei die Bewahrung der kulturellen und religiösen Werte sehr wichtig. Die ZAMAN meint, dass hinsichtlich Verfassungswerte und sozialer Belange Einigkeit bei Türkischstämmigen und Deutschen bestehe.

Herrmann: Doppelte Staatsbürgerschaft würde die Integration verhindern
Nach einer Bilanz der Zahl an Einbürgerungen und Abschiebungen in Bayern seit Beginn des Jahres 2008 hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ein positives Fazit der bayerischen Ausländerpolitik gezogen, berichten TÜRKIYE, MILLIYET und SABAH. Das Interesse an Einbürgerung sei groß; mit einem Anteil von 22,4 Prozent seien die Türken nach wie vor stärkstes Herkunftsland. Die SABAH spricht allerdings von einem Rückgang der Einbürgerungszahlen. Herrmann habe außerdem erklärt, dass eine doppelte Staatsbürgerschaft die Integration verhindern würde, so die MILLIYET.

Serkan Tören (FDP)
Der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Serkan Tören von der FDP wurde in die Ausschüsse Innenpolitik und Menschenrechte gewählt, berichtet die SABAH. Tören werde seine Arbeitsschwerpunkt zu Themen wie Integration, Menschenrechte und humanitäre Hilfe setzten.

DGB: Das deutsche Schulsystem beanchteiligt Migrantenkinder
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) glaubt, dass die Chancengleichheit für Migranten in der Gesellschaft nur durch die Förderung der Bildungschancen gewährleistet werden kann. Das Schulsystem in Deutschland benachteilige insbesondere die Migrantenkinder (SABAH, TÜRKIYE)

Gewalt in der Familie
Gewalt in der Familie sei in deutschen Familien weit verbreitet, so die Rechtsanwältin Gülsen Kurt aus Hamburg. Dagegen werde das Phänomen oft als türkisches bzw. islamisches Problem dargestellt. Diese Ansicht verkenne die Ursachen der Gewaltanwendung. Diese seien unter anderem finanzielle Schwierigkeiten, Drogen, Alkohol und psychologische Krankheiten. (TÜRKIYE)

In Deutschland ist eine starke türkische Lobbyorganisation unerlässlich
Unter dieser Überschrift berichtet die TÜRKIYE über ein Symposium zum Thema „Türkische Migrantenorganisationen und ihr Wirken“. Die Dachverbände türkischer Organisationen müssten untereinander besser koordinieren und zusammenarbeiten, um stärker aufzutreten. Der Landtagsabgeordnete Özcan Mutlu habe erklärt, dass sich die türkischen Verbände nicht über ihre Stärke bewusst sind. Um etwa Einfluss auf die Medien zu haben, sei eine stärkere Zusammenarbeit mit diesen unerlässlich.

Ausweisung türkischer Rentnerinnen und Rentner
Die HÜRRIYET räumt Ausweisungsentscheidungen deutscher Ausländerbehörden breiten Raum ein und berichtet über etliche Einzelschicksale. Die Behörden begründeten in diesen Fällen ihre Entscheidung damit, dass sich die Personen – allesamt Rentnerinnen und Rentner – über 6 Monate außerhalb Deutschlands aufgehalten haben. Dabei hätten sie einen Antrag auf längere Verweildauer stellen können. Die Redaktion glaubt, dass die meisten Rentner darüber nicht informiert seien.

Medien ignorieren positive Entwicklung in der Integration
Der Sozialwissenschaftler Sebastian Beck vom Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) kritisiert, dass die positiven Entwicklungen in der Integration durch die Medien durchweg ignoriert werden. Dabei müsse das Potenzial im Vordergrund stehen und nicht die Mängel, so Beck. Anlässlich seines jährlichen Verbandstages habe der vhw seine Grundlagenstudie „Migranten-Milieus“ veröffentlicht. Diese zeige geradezu dramatisch, welche Integrations- und Teilhabepotenziale noch nicht ausgeschöpft werden. Nicht zuletzt behindern diese gebremsten Potenziale auch die kulturelle Integration. Der vhw habe zudem festgestellt, dass Migranten bei der Wohnungssuche oft Diskriminierungen ausgesetzt sind. (HÜRRIYET)