Türkische Presse Europa

04.07.2009 – Optionszwang, Islamunterricht, U-Bahn-Schläger

Die Europaausgaben der türkischen Zeitungen beschäftigen sich heute vornehmlich mit der Abstimmung des Gesetzesentwurfs der Grünen zur Streichung der Optionsregelung im Bundestag. Während die Redaktionen das Abstimmungsverhalten der SPD kritisieren, rügt die SPD-Abgeordnete Lale Akgün die Abwesenheit der Staatsministerin Maria Böhmer (CDU). Weitere Themen sind unter anderem der islamische Religionsunterricht in NRW und ein Überfall auf einen 46-Jährigen Kaufmann in München.

Der Gesetzesentwurf der Grünen zur Abschaffung des Optionszwangs wurde abgelehnt
HÜRRIYET, SABAH, MILLIYET und ZAMAN berichten über die Abstimmung des Gesetzesentwurfs der Grünen zur Abschaffung der so genannten Optionsregelung, die vom Parlament abgelehnt worden ist. Während die CDU/CSU den Entwurf einstimmig abgelehnt habe, hätten von der SPD lediglich sieben Abgeordnete für die Abschaffung abgestimmt. Die Linksfraktion habe den Grünen-Entwurf unterstützt. Auch die FDP habe sich mit Ausnahme der Abgeordneten Sibylle Laurischk gegen den Entwurf entschieden.

Die MILLIYET und ZAMAN verweisen dabei ausdrücklich auf die SPD, die trotz ihrer Aussagen, sie würden die Abschaffung der Optionsregelung begrüßen, gegen den Gesetzesentwurf abstimmten und somit „die Zuwanderer enttäuscht“ hätten. Dabei wird auch auf die Aussagen des Integrationssprechers der SPD, Rüdiger Veit, eingegangen, der erklärt habe, dass die SPD zwar gegen diese Regelung sei, aufgrund der Abmachungen innerhalb der Koalition aber sich an der CDU/CSU orientieren müsse.

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Maria Böhmer bei der Abstimmung des Gesetzesentwurfs zur Abschaffung des Optionszwangs abwesend
Integrationsministerin Maria Böhmer habe an der Abstimmung des Gesetzesentwurfs der Grünen zur Abschaffung des Optionszwangs nicht teilgenommen, so die MILLIYET in ihrer heutigen Ausgabe. Die SPD-Abgeordnete Lale Akgün kritisiere ihre Abwesendheit und bezeichne ihr Desinteresse als „skandalös.“

Einwilligung zum Schwimmunterricht schon bei der Einschulung
Die MILLIYET berichtet über die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster – im Bericht fälschlicherweise als Düsseldorf angegeben – nach der die Schulen künftig bereits bei der Einschulung von Mädchen aus muslimischen Familien eine schriftliche Einwilligung der Familie zur Teilnahme des Kindes am Schwimmunterricht einfordern dürfen. Bei den Gerichtsverhandlungen ginge es um eine Gymnasiastin des 11. Jahrgangs, deren Mutter ein Jahr zuvor bei der Einschulung eine schriftliche Einwilligung zur Teilnahme am Schwimmunterricht unterzeichnete, im darauf folgenden Schuljahr jedoch das Mädchen aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht befreit werden wollte. Daraufhin schlug die Familie den Rechtsweg ein, den sie allerdings verlor. Ein Einspruch sei ausgeschlossen.

Deutsch-Türkischer Verein in Berlin gegründet
In Berlin wurde unter der Leitung des SPD-Abgeordneten Gerd Andres sowie anderen Mitgliedern ein Deutsch-Türkischer Verein gegründet, berichtet die HÜRRIYET. Ziel des Vereins sei es, den Dialog zu fördern und die Beziehungen zu stärken. Auch wolle man kulturelle und gesellschaftliche Kooperation fördern und dazu beitragen, gegenseitig Vorurteile abzubauen. Gestern hatte die MILLIYET über die Vereinsgründung berichtet.

46-Jähriger in München von Jugendlichen verprügelt
SABAH und MILLIYET berichten über einen 46-Jährigen Kaufmann, der in München von drei Jugendlichen verprügelt worden sei. Zwei von diesen seien Schweizer, während der dritte aus Slowenien stamme. Das Opfer des Angriffs hätte zahlreiche Knochenbrüche auch im Gesicht sowie Gedächtnisschwund erlitten. Er liege momentan im Krankenhaus. Die Jugendlichen hätten ausgesagt, dass sie den Herrn lediglich „aus Spaß“ verprügelt hätten und die Tat keinesfalls bereuten. Auch hätten sie zugegeben, dass sie anschließend auf zwei weitere Personen, darunter einen bulgarischen Studenten, eingeschlagen haben. Es habe sich herausgestellt, dass sie bereits mehrfach vorbestraft sind.

Die SABAH legt dabei besonders viel Wert auf den Vergleich zwischen dem Münchener Fall von 2007, als die Jugendlichen Serkan und Spyridon in einer U-Bahn-Station auf einen älteren Herrn eingeschlagen haben. Die Redaktion kritisiert, dass der Fall damals wochenlang von den Medien diskutiert und sogar von einigen Politikern als Wahlkampfthema instrumentalisiert worden sei, während dieser Fall – obwohl sie noch schwerwiegender sei – nicht die nötige Aufmerksamkeit erwecke.

Islamischer Religionsunterricht in NRW
In TÜRKIYE wird darüber berichtet, dass ab dem kommenden Jahr auf allen Schulen in Nordrhein-Westfalen ein für muslimische Schüler verbindlicher Islamunterricht angeboten werde. Dieser werde unter der Kontrolle des Bildungsministeriums geschehen. Die Lehrer werden in Deutschland ausgebildet. Die SPD und die Grünen begrüßten diese Entscheidung, während die Grünen den Zeitpunkt der Bekanntgabe für Falsch hielten, da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. HÜRRIYET und ZAMAN hatten gestern ausführlich darüber berichtet.

Ex-Informant soll ausgewiesen werden
Die TÜRKIYE berichtet, dass ein in Deutschland lebender Iraker, der in den Jahren 2002-2004 für die Polizei in München als Informant gedient habe, nun mit dem Vorwurf, er pflege Kontakt zu islamistischen Terrororganisationen, ausgewiesen werde. Der 32-Jährige Ali Obeid Fares erklärte, er habe einen Antrag für einen unbefristeten Aufenthalt in Deutschland gestellt. Dieser sei aber abgelehnt worden, weil er angeblich als Mitglied der Terrororganisation „Ensar El Islam“ gelte. Er wolle den Fall nun zum Verfassungsgericht tragen.

Merkels Ferienhaus wird von STASI-Agenten bewacht
Die HÜRRIYET und SABAH berichten unter Berufung auf die Sendung „Monitor“ bei ARD, dass das Ferienhaus Angela Merkels in Uckermark (Brandenburg) derzeit von zwei Stasi-Agenten aus der DDR bewacht werde. Darüber hinaus seien momentan etwa 100 Ex-Stasi-Agenten bei den Sicherheitsdiensten in Brandenburg eingestellt. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, habe dazu folgendes gesagt: „Wenn Ex-Stasi-Agenten heute bei den Sicherheitsdiensten tätig sind, können wir die Kriminalitätsbekämpfung auch der Mafia übergeben.“

Abi-Köln ruft Zuwanderer zur politischer Partizipation auf
ZAMAN und SABAH berichten, dass die Wählergemeinschaft Abi-Köln vor den Kommunalwahlen in Köln alle Zuwanderer zu politischer Partizipation aufruft. Sie seien der Meinung, dass Menschen mit Migrationshintergrund in der deutschen Politik viel zu wenig vertreten werden. Die Zahl der Kandidaten mit Migrationshintergrund, die die Parteien aufstellen, sei im Vergleich zu der Zahl der in Deutschland lebenden Migranten gering. Die Gemeinschaft bestehe lediglich aus Akademikern mit Zuwanderungsgeschichte.