Großbritannien, England, Fahne, Flagge
Großbritannien - Regierung plant Einschränkung von Sozialleistungen für EU-Einwanderer © Rian (Ree) Saunders @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Sieben Jahre Brexit

Viele Branchen haben sich bis heute nicht erholt

Sieben Jahre nachdem sich das Vereinigte Königreich für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden hat, sind die Auswirkungen des Brexits weiterhin in vielen Branchen zu spüren – in der Unterhaltungsindustrie genauso wie in den Migrationsbewegungen.

Montag, 01.05.2023, 0:01 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.05.2023, 8:06 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Nicht nur König Fußball, sondern auch die Spieleindustrie, TV-Produktionen und Filmeschaffende werden auch heute noch durch den Brexit verursachten Veränderungen vor mannigfaltige Herausforderungen gestellt, die in manchen Fällen aber auch zu Chancen für die Beteiligten werden können. So erfreuen sich manche Branchen über den Zuzug von Fachkräften, andere wiederum beklagen einen Brain-Drain. Davon nicht ausgenommen ist sogar König Fußball.

Der Profifußball: Abwanderung von Talenten

Der Brexit hat sowohl bei Fußballvereinen als auch bei Spielern zu großen Verunsicherungen geführt. Vor dem Brexit konnten die Spieler aus EU-Ländern transferfrei zu den verschiedenen Klubs in Großbritannien wechseln, aber gegenwärtig müssen strengere Zulassungskriterien eingehalten werden. Dieser Umstand hat es für britische Klubs schwieriger gemacht, Spieler aus der EU zu verpflichten.

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Die Spieleentwicklung: Grenzüberschreitende Handelsbarrieren

Der Brexit hat sich auch auf die Glücksspielbranche ausgewirkt, insbesondere in Bezug auf den Datenschutz. Bisher regelte die EU-Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) den Datenschutz im Vereinigten Königreich, aber seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU ist dies nicht mehr der Fall. Das Vereinigte Königreich hat nun seine eigenen Datenschutzbestimmungen, die zwar ähnlich der DSGVO sind, es aber dennoch einige auffällige Unterschiede gibt.

Das führte vor allem bei Betreibern von Spieleanbietern zur Unklarheit, ob sie britischen Unternehmen in dieser Branche auch weiterhin in der EU tätig sein können, da sie möglicherweise sowohl die britischen als auch die EU-Datenschutzbestimmungen einhalten müssen. Dadurch können britische Spieler auch Probleme beim Zugriff auf Online-Spiele und -Plattformen haben, die ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union haben.

TV-Produktionen und Spielfilme: Massive Bedenken

Der Brexit hat auch in der Fernseh- und Filmbranche massive Bedenken nach sich gezogen, vor allem in Bezug auch internationale Koproduktionen. Vor dem 1. Februar 2020 konnte das Vereinigte Königreich am „Creative Europe-Programm“ der EU teilnehmen, das Koproduktionen zwischen EU-Ländern finanzierte.

Nach dem Brexit kommt das Vereinigte Königreich nicht mehr für die Creative Europe-Fördermittel in Frage, was es britischen Produzenten bedeutend schwieriger macht, finanzielle Unterstützung für Koproduktionen mit EU-Ländern zu erhalten. Der Verlust des Zugangs zum EU-Binnenmarkt hat es für britische Produzenten zudem schwerer gemacht, ihre Shows und Filme in der gesamten EU zu vertreiben.

Dadurch kam es auch zu einem Rückgang der Koproduktionen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, was langfristige Auswirkungen auf die Branche haben könnte. Der Brexit hat aufgrund von neuen Arbeitserlaubnisanforderungen es auch für britische Schauspieler und Schauspielerinnern, aber auch für alle und Besatzungsmitglieder, mühsam gemacht, in der EU zu arbeiten, dies gilt aber auch für europäische Kulturschaffende in Großbritannien.

Glücksspiel: Regulatorische Herausforderungen

Etwas anders sieht es in der Glücksspielbranche aus. Diese ist in Großbritannien seit je her sehr streng reguliert. Selbst wenn man beispielsweise kostenlose Slotspiele spielt, muss man neben einer Altersüberprüfung auch einen sogenannten „Kenne-Deinen-Kunden“-Prozess („KYC“) über sich ergehen lassen. Es überrascht daher nicht, dass der Brexit die Branche vor regulatorische Herausforderungen gestellt hat.

Vor dem Brexit konnten im Vereinigten Königreich ansässige Anbieter im Rahmen verschiedenster Ausnahmeregeln und gegenseitigen Anerkennungen in anderen EU-Ländern tätig sein. Nach dem Brexit musste das Vereinigte Königreich jedoch neue Abkommen mit allen einzelnen EU-Ländern aushandeln, damit im Vereinigten Königreich ansässige Betreiber weiterhin dort operativ tätig sein können. Dies ist zuletzt nicht deshalb schwierig, weil die Regeln innerhalb der EU einem Flickenteppich ähneln. Deshalb sind einige in Großbritannien ansässige Anbieter in andere EU-Länder ausgewichen, um von dort ihr Angebot ins Netz zu stellen.

Herausforderungen in der Musikindustrie

Auch die Musikindustrie wurde in vielerlei Hinsicht von den politischen Entscheidungen beeinflusst. Die Branche ist stark darauf angewiesen, Waren zu transportieren, einschließlich Musikinstrumente. Nach dem Brexit benötigen viele britische Musiker nun ein Visum, um in der EU zu touren und umgekehrt.

Dies hat Tourneen komplizierter und teurer gemacht, insbesondere für unabhängige Künstler, die möglicherweise mehr Einnahmen benötigen, um zusätzliche Kosten zu decken. Der Brexit hat aufgrund der Anforderungen an die Arbeitserlaubnis auch die Möglichkeit von in Großbritannien ansässigen Musikfestivals beeinträchtigt, EU-Künstler zu buchen und umgekehrt.

Modebranche: Unterbrechungen innerhalb der Lieferketten

Die Modebranche ist stark auf internationale Handels- und Lieferketten angewiesen, die durch den Brexit gestört wurden. Beispielsweise müssen viele in Großbritannien ansässige Modeunternehmen beim Import oder Export von Waren in EU-Länder zusätzliche Steuern und Zölle bezahlen.

Einige Unternehmen haben ihre Produktionsbetriebe sogar in EU-Länder verlagert, um so zusätzlichen Kosten zu vermeiden. Aus diesem Grund hat der Brexit aufgrund von Arbeitserlaubnisanforderungen auch die Fähigkeit von in Großbritannien ansässigen Models beeinträchtigt, in der EU zu arbeiten, gleiches gilt natürlich auch in die andere Richtung.

Videospielindustrie: Abwanderung von Fachkräften

Die Videospielbranche ist ein weiterer Unterhaltungssektor, der vom Brexit betroffen ist. Die Branche ist stark auf Talente aus der gesamten EU und darüber hinaus angewiesen und der Brexit hat es für in Großbritannien ansässige Spieleentwickler schwieriger gemacht, Personal aus der EU zu rekrutieren und zu beschäftigen.

Dies könnte zu einer Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte führen, bei der talentierte Personen das Vereinigte Königreich in andere EU-Länder, denn dort finden sie bessere Beschäftigungsmöglichkeiten vor.

Brexit-Auswirkungen noch immer nicht absehbar

Der Brexit hatte weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Unterhaltungsindustrien, vom Fußball über Glücksspiele, TV-Produktionen und Spielfilme bis hin zur Videospielindustrie und mehr. Während einige dieser Auswirkungen absehbar waren, kamen andere doch etwas überraschend für alle Beteiligten und es bleibt abzuwarten, wie sich die vollen Auswirkungen des Brexits in den nächsten Jahren auswirken werden. Spannend werden dabei insbesondere auch die Migrationsbewegungen sein. (bg) Wirtschaft

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