Keine Haftung

Kernpunkte des geplanten Lieferkettengesetzes

Nach monatelangem Streit in der großen Koalition steht ein Kompromiss für ein Lieferkettengesetz. Die Kernpunkte des Kompromisses kurz zusammengefasst:

Zeitplan

Ein Gesetzentwurf soll unter Federführung von Arbeitsminister Heil erarbeitet und Mitte März ins Kabinett kommen. Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz vom Bundestag verabschiedet und am 1. Januar 2022 in Kraft treten.

Geltungsbereich

Das Gesetz soll ab 2023 für die etwa 600 großen Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten gelten, ab 2024 für insgesamt knapp 3.000 Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Hilfswerke wollten bereits Betriebe ab 500 Beschäftigten verpflichten. Wirtschaftsminister Altmaier wollte aber den Mittelstand ausnehmen. Die Sorgfaltspflicht gilt für unmittelbare Zulieferer. Falls ein Unternehmen aber Kenntnis von Verstößen bei mittelbaren Zulieferern bekommt, muss es auch dort tätig werden.

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Klagerecht

Die Sorgfaltspflicht soll für das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, für die Einhaltung von Arbeits- und Umweltstandards sowie faire Löhne gelten. Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften sollen bei Menschenrechtsverletzungen im Ausland vor deutschen Gerichten klagen können, wenn die Opfer dem zustimmen.

Haftung

Zu einer zivilrechtlichen Unternehmenshaftung und Entschädigungsansprüchen der Opfer von Umweltverschmutzung oder Ausbeutung ist keine Regelung vorgesehen. Das ist einer der Hauptkritikpunkte von Hilfsorganisationen. Sie hofften, dass geschädigte Textilarbeiterinnen in Bangladesch oder vertriebene Bauern in Ghana vor deutschen Gerichten klagen können. Bisher ist das zwar nicht ausgeschlossen, aber in der Praxis kaum möglich.

Durchsetzung

Als staatliche Kontrollbehörde soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gemeldete Sorgfaltsverletzungen vor Ort prüfen, Zwangs- und Bußgelder verhängen. Unternehmen können bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Europäische Union

Die Gegner eines Gesetzes verlangen eine EU-Abstimmung, um deutsche Unternehmen vor etwaigen Wettbewerbsnacheilen zu bewahren. Im Frühjahr wird ein erster Entwurf der EU-Kommission erwartet.

Grundlagen

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 verpflichten Staaten zum Schutz von Menschenrechten und Arbeitsnormen. Unternehmen müssen ebenfalls angemessene Vorkehrungen treffen, damit es nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Personen, deren Menschenrechte durch Firmen verletzt wurden, müssen die Möglichkeit haben, zu klagen.

Nationaler Aktionsplan

Im Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung von 2016 heißt es: Wenn bis 2020 weniger als die Hälfte der großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, wird „die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen“. Eine Befragung zeigte, dass weniger als ein Fünftel der Firmen die Erfüllung der Mindeststandards meldete. (epd/mig)